Kyrillbestände pflegen - ist der Zeitpunkt verpasst?
Vor 17 Jahren fegte Orkan Kyrill über Deutschland und besonders Nordrhein-Westfalen. Dabei lag der Schadensschwerpunkt in Südwestfalen. Landesweit entstand so eine Schadensfläche von circa 30.500 Hektar (ha), davon rund 8.000 ha im Bereich des Forstamtes Oberes Sauerland. Nachdem die Flächen wieder aufgeforstet wurden, zählt ein großer Teil dieser Bestände jetzt zum Stangen- bzw. Gertenholz. Einige der Bestände stechen durch hohe Artenvielfalt und Selbstdifferenzierung ins Auge, meistens prägen aber weitestgehend homogene, einförmige Bestände das Bild. Um die Entwicklung dieser Bestände zu gleichförmigen Reinbeständen und den damit verbundenen Risiken zu verhindern, ist der optimale Eingriffszeitpunkt zwar fast überschritten, aber eine sukzessive Steuerung der Bestände ist immer noch möglich und notwendig.
Diesem Thema widmete sich die Kreisgruppe Hochsauerland des Waldbauernverbandes bei einer gemeinsamen Exkursion mit dem Forstamt Oberes Sauerland. Die Exkursion fand am 25. April 2024 im Forstbetriebsbezirk Reiste nahe Landenbeck statt, passend am Tag des Baumes. Ziel der Exkursion war es, die Notwendigkeit der Pflege von Jungbeständen im Allgemeinen und besonders der so den genannten „Kyrillbestände“ zu vermitteln.
Nach der Begrüßung und einer kurzen thematischen Einführung durch Vertreter des Waldbauernverbands und des Forstamtes wurden exemplarisch drei Stationen besucht, die „typischen“ Bestandessituationen auf den ehemaligen Kyrill-Flächen entsprechen. Es handelte sich um einen laubholzdominierten Bestand, hauptsächlich bestehend aus Rotbuche mit eingemischten Birken, Ebereschen und Fichten. Weiterhin wurden zwei nadelholzdominierte Jungbestände angesteuert: ein Fichten-Douglasien-Mischbestand und ein gepflanzter Fichtenbestand mit hohem Laubholzanteil, bestehend aus Birke, Eberesche und Ahorn. Alle Bestände wiesen deutliche Pflegerückstände auf und waren durchweg nicht erschlossen.
An den Exkursionspunkten haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand der Empfehlungen des Waldbaukonzepts NRW die verschiedenen Möglichkeiten sowie deren Anforderungen an einen zukunftssicheren Wald erarbeitet. Die Zielsetzung ist dabei im Wesentlichen von der Entscheidung des Waldbesitzenden abhängig. Neben ökonomischen Kriterien sollte das übergeordnete Ziel darin bestehen, langfristig stabile und strukturreiche Mischbestände zu erhalten, die an die sich verändernden klimatischen Verhältnisse angepasst sind. Erreicht wird das durch Auswahl und Freistellen von vitalen Zukunftsbäumen, auf denen das wirtschaftliche und bestandesdynamische Augenmerk liegt.
Ein wichtiges Werkzeug ist die Anlage von Pflegepfaden, mit denen eine grundlegende Struktur auf der Fläche erreicht wird und die anfallende Arbeit in Pflegeblöcke aufgeteilt werden kann. Die Pflegepfade orientieren sich im Wesentlichen an den noch vorhandenen Rückegassensystemen des Vorbestandes.
An der letzten Station der Exkursion wurden anhand einer am Vortag durchgeführten Pflegemaßnahme die infrage kommenden Arbeitsverfahren praxisnah erläutert und die Arbeitsabläufe erklärt. Hier standen besonders die Arbeitsvorbereitung und -begleitung durch forstliches Fachpersonal und die Förderung von Pflegemaßnahmen im Vordergrund.
Während der Exkursion ergaben sich ein reger Austausch und gute fachliche Gespräche unter den rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Bei Fragen zur Jungbestandspflege wenden Sie sich gerne an die für Sie zuständigen Forstleute.
Autor: Benno Messerschmidt, Wald und Holz NRW
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