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Förderung für
den Waldbesitz

Nasses Frühjahr – vitale Waldbäume?

13.06.24Waldblatt

Das Winterhalbjahr von Oktober 2023 bis März 2024 war das niederschlagreichste seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen 1881. Eine gute Grundwasserversorgung macht Hoffnung auf vitale Waldbäume und einen guten Start in das Jahr. Waldschutzexperte Norbert Geisthoff ordnet ein, ob die regenreiche Witterung unsere Waldbäume gestärkt hat und an welchen Stellen zu viel Wasser problematisch sein kann. Denn klar ist: Die Witterung war extrem und in extremen Jahren gibt es Absterbeerscheinungen bei Bäumen.

Beim langjährigen Sorgenkind, der Fichte, gibt es ein Aufatmen. Insgesamt sieht Waldschutzexperte Norbert Geisthoff der Käfersaison beruhigt entgegen. Aktuell untersuchen unsere Forstleute an 30 verschiedenen Standorten in NRW, wie viele Käfer fliegen. Sie können jetzt bereits erkennen, dass es deutlich weniger als im vergangenen Jahr sind. Befallen sind vor allem Fichten, die aufgrund der kleinen Winterstürme entwurzelt oder abgebrochen sind und wegen der nassen Witterung nicht gerückt werden konnten. Stehende Bäume sind nur wenig befallen. Es zeichnet sich ab, dass sich die große Borkenkäferkalamität in NRW dem Ende neigt. Das nasse Frühjahr hat für gut verfügbares Wasser gesorgt, die Abwehrmechanismen der Fichten sind gestärkt. Problematisch ist nur, dass die befallenen Fichten durch die nassen Böden nicht sofort aus dem Wald entfernt werden konnten. Das ist jetzt nötig – beim Rücken des Holzes kann auch der sogenannte Fangbaumeffekt greifen. So kann die Käfergeneration, bevor sie ausfliegt, im Holz aus dem Wald entfernt werden. Ausschlaggebend für ein starkes Käferjahr ist das vorhandene Brutmaterial, zum Beispiel durch Windwurf und Trockenheit.

Die gut gefüllten Grundwasserstände bieten auch anderen Baumarten wie etwa der Eiche und der Buche einen guten Start in das Jahr. Auf Standorten mit ausgeprägtem Stauwassereinfluss kann die Nässe jedoch auch problematisch sein. Hier kann eine anhaltende Vernässung selbst bei der ansonsten gut an Staunässe angepassten Stieleiche dazu führen, dass sie ihre Feinwurzeln verliert. Dadurch werden Stamm und Krone nicht ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt. Der Verlust von Feinwurzeln ist jedoch nicht irreversibel. Wird es trockener, können die Bäume die Feinwurzeln nachbilden.

Neben langanhaltender Staunässe sind es vor allem Schädlinge, die der Eiche zusetzen. Im vergangenen Jahr hat es zu dieser Jahreszeit zum Beispiel in Eichenbeständen im Münsterland oft Raupenkot gerieselt. Der rieselnde Raupenkot war ein deutliches Zeichen für das starke Auftreten von Eichenfraßgesellschaften. Dazu gehören zum Beispiel Frostspanner oder Eichenwickler. In diesem Jahr ist der Befall deutlich geringer. Vereinzelt und regional fressen Eichenwickler an den Eichen. Norbert Geisthoff schätzt aber aktuell, dass der Schaden gering bleibt. Die Population der empfindlichen Schmetterlingsraupen ist durch verschiedene Krankheitserreger zusammengebrochen und die Eichen so schnell ausgetrieben, dass der Fraß in den Kronen nicht mehr auffällt.

Besonderer Aufmerksamkeit bedarf in diesem Jahr der Eichenprachtkäfer. In den Nachbarländern Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz hat der Käfer bereits große Schäden angerichtet. Er kann sich aktuell vermehrt ausbreiten, weil sich seine Entwicklungszeit durch die warmen Jahre von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt hat und die Eichen vorgeschwächt sind. Unsere Forstleute sammeln aktuell Informationen, an welchen Standorten in NRW Eichen betroffen sind. Den Befall zu erkennen und die Eichen zu entfernen, ist der einzige Weg, die Ausbreitung einzudämmen.

Je mehr sich der Eichenprachtkäfer vermehrt, desto eher befällt der eigentliche Sekundärschädling auch gesund erscheinende Bäume.   

Der Buche kommt das nasse Frühjahr zugute. Insgesamt ist das Buchensterben nach den Hitzesommern 2018/2019 aber gleichbleibend. Denn ihre dünne Rinde, egal ob im Alter von 5 oder 100 Jahren, reagiert empfindlich auf direkte Sonneneinstrahlung. Durch Sonnenbrände können Pilze in das Holz eindringen und sich ausbreiten. Buchen, die vom pilzlichen Erreger befallen sind und keine Gefahr darstellen, können gut als Habitatbäume stehen gelassen werden. Weisen sie jedoch Anzeichen von Buchenborkenkäfern oder Buchenprachtkäfern auf, sollten sie als Sanitärhiebe entfernt werden.

„Welche Schäden zukünftig an welchen Baumarten auftreten, lässt sich nicht vorhersagen. Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Temperaturen steigen. Dazu kommt eine steigende Wahrscheinlichkeit von Extremwetterereignissen, wie zum Beispiel Stürmen oder Hitzewellen. Durch den weltweiten Handel steigt außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass Schaderreger in das heimische Ökosystem gelangen und Schaden anrichten. Bestes Beispiel hierfür ist das Eschentriebsterben durch einen eingeführten Pilz. Aufgrund der vielen Unbekannten ist die Reduktion des Risikos sehr wichtig.“, sagt Norbert Geisthoff mit Blick in die Zukunft.

Diese Reduktion des Risikos kann neben dem laufenden Waldschutz-Monitoring durch aktiven Waldumbau und die Wiederbewaldung mit klimastabilen und standortgerechten Baumarten geschehen. Die Fichtenkalamität, das größte Schadereignis im NRW-Wald seit der industriellen Zeit neigt sich dem Ende entgegen. Sie hat gezeigt, wie wichtig es ist, zu agieren und nicht nur zu reagieren.

Kontakt

Wald und Holz NRW
Norbert Geisthoff
Steinmüllerallee 13
51643  Gummersbach

Tel.: +49 2364 5089299
Mobil: +49 171 5870023
Fax: +49 2364 5089325
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