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Förderung für
den Waldbesitz

Thomas Wälter:

Wir müssen vielfältig in unseren Wald investieren

12.09.24Waldblatt

Seit Juli 2024 hat das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft (ZWH), der Knotenpunkt forst- und holzwirtschaftlicher Kompetenz in Nordrhein-Westfalen, mit Thomas Wälter einen neuen Leiter. Der 56-jährige Förster und Ökologe ist eng mit dem Wald verbunden. Im Interview berichtet er von seinen Zielen und der zukünftigen Ausrichtung des Zentrums, das in Arnsberg beheimatet ist.

Was ist Ihre persönliche Verbindung zum Wald?

Der Wald ist für mich ein besonderer Ort, der Ruhe und Kraft ausstrahlt. Schon als Kind hatte ich eine besonders enge Beziehung zum Wald, die mich bis heute sehr beeinflusst hat. Deshalb bin ich Förster geworden. Diese Arbeit ist für mich persönlich absolut sinnstiftend. Denn Wald ist lebens- und überlebenswichtig und stellt die Zukunft für unsere Gesellschaft dar.

Nach Ihrem Studium in Göttingen hat Sie Ihr Berufsweg nicht nur nach Brandenburg und Schleswig-Holstein geführt, sondern Sie haben schon einmal für Wald und Holz NRW gearbeitet. Was hat Sie nun zurück nach Nordrhein-Westfalen ans ZWH gezogen?

Mit einem breiten Erfahrungsschatz bin ich nun zurück in meiner Heimat Arnsberg. Damit schließt sich für mich ein Kreis. Ich bin sehr motiviert, mit den Försterinnen und Förstern in NRW die wichtige Aufgabe anzugehen, den Wald möglichst klimastabil zu entwickeln. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen sowie dem Waldbesitz möchte ich auch neue Wege einschlagen und sehe mit neuem Mut Chancen in der Krise.

Was sind Ihre Pläne für das ZWH? Und wo fangen Sie an?

Ich verstehe das ZWH als Forschungszentrum und Fachbehörde für den Wald und möchte es Schritt für Schritt weiterentwickeln. Das ZWH soll die erste Adresse für angewandte Wald- und Holzforschung, Fachkompetenz und Wissenstransfer in NRW werden. Es soll sich als primäre Anlaufstelle für Informationen, Wissenstransfer und Service der Landesforstverwaltung etablieren und an Waldbesitz, Politik, Unternehmen und Verbraucherinnen und Verbraucher richten.

Aktuell lerne ich die Menschen intensiv kennen. Die Kolleginnen und Kollegen aus dem ZWH, aber auch die anderen Teams von Wald und Holz NRW, die Regionalforstämter, den Waldbesitz, interne und externe Einrichtungen und Kooperationspartner wie Bezirksregierungen und Fachbehörden. Es geht zunächst darum zu erkennen, wo wir stehen und die aktuellen Anforderungen an das Zentrum richtig einzuordnen. Mein Ziel ist es, die Identität des ZWH und die Forschungsausrichtung zu stärken und ein Stück weit auch zu fokussieren. Dazu gehört, grundlegende Fragen zum Selbstverständnis und zum Zweck zu beantworten, etwa: Welche Forschungsschwerpunkte wollen wir aus- oder aufbauen und was eingrenzen? Mir ist wichtig, dass wir eine praxisnahe, bodenständige Forschung betreiben und mit soliden Daten landesweit Fachaussagen zum Wald tätigen können.

Außerdem liegt mir natürlich die Stärkung der Personalsituation und das Leben einer positiven Mitarbeiterkultur am Herzen, um generationsübergreifend gut miteinander arbeiten zu können. Das ZWH soll modern, attraktiv und offen sein. In meinen Plänen der Weiterentwicklung spielen Kommunikation und Akteursnetzwerke eine wichtige Rolle. Ziel ist es, die Kooperation mit anderen Forschungseinrichtungen zu stärken sowie das bereits bestehende Forschungsnetzwerk Wald weiter zu entwickeln. Ganz nach dem Motto „Tue Gutes und rede darüber“ möchte ich die externe Repräsentanz des ZWH stärken. Ganz wichtig ist mir zudem eine intensivere Zusammenarbeit mit den Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern.

Eine zentrale Aufgabe ist natürlich auch der Wissenstransfer. So soll, neben dem klassischen Aus-, Fort- und Weiterbildungswesen, das jährliche Arnsberger Waldforum die zentrale Veranstaltung für den Wald in NRW und eine wichtige Plattform für Begegnungen und zum Netzwerken werden. Verschiedene Forschungskolloquien für das Fachpublikum sowie einen regen Austausch mit den Hochschulen werden organisiert.

Aktuell und auch zukünftig sind Klimawandel und Biodiversitätsverlust die großen Herausforderungen unserer Zeit. Welche thematischen Schwerpunkte wollen Sie vor diesem Hintergrund setzen?

In der künftigen Ausrichtung des ZWH und im Wissenstransfer werden die Waldentwicklung und -nutzung im Klimawandel sowie der Erhalt und die Wiederherstellung unserer Waldökosysteme eine übergeordnete Rolle spielen. Denn Wald ist neben Mooren und Ozeanen einer der drei großen weltweiten Player für gutes Klima. Als CO2-Senke sind der Wald und seine „Produkte“ von zentraler Bedeutung. Auch für die Biodiversität ist Wald im Klimawandel einer der wichtigsten Rückzugsorte. Mit der Wiederbewaldung steht und fällt die Funktionalität unserer Wälder und damit natürlich auch die Waldbiodiversität.

Wo sehen Sie die Aufgaben des ZWH?

Nur Wälder, die im Klimawandel stabil sind und langfristig im Einklang mit der Natur bewirtschaftet werden, bringen uns auch nachhaltig die Ressource Holz. Daher ist die Wiederbewaldung mit gemischten und möglichst standortgerechten heimischen (klimastabilen) Baumarten aktuell eine unserer wichtigsten Aufgaben. Wir Försterinnen und Förster stellen sicher, dass der Wald seine Funktionen auch zukünftig erfüllen kann. Dazu gehört nicht nur die Bereitstellung des Rohstoffes Holz, sondern zum Beispiel auch seine Funktion als Wasserfilter und -speicher. Und ganz wichtig ist seine Rolle in punkto Erholung, Kraft und Gesundheit für unsere Gesellschaft.

Der Klimawandel ist ein multikomplexes System und sehr dynamisch. Wir müssen aktiv forschen und Erkenntnisse aus internationalen Untersuchungen und der Vergangenheit miteinbeziehen. Stets aktuelle Datenmodelle zu verschiedenen Standorten liefern dabei überaus wichtige Erkenntnisse. Wir verfolgen Veränderungen, modellieren Szenarien und wandeln aktuelle Forschungsergebnisse in umsetzbare und praxisnahe Empfehlungen, wie z.B. in der Wiederbewaldungsstrategie, um.  

Und natürlich ist es unsere Aufgabe, durch zukunftsorientierte Waldentwicklungs- und Wiederherstellungsstrategien internationale Anforderungen an den Wald, wie etwa das kürzlich beschlossene „Nature Restoration Law“ der EU, umzusetzen und Verantwortung zu übernehmen.

Ein weiterer Schwerpunkt, der mir wichtig ist, ist das Zusammenspiel von Wald und Wasser. Wir müssen den Landschaftswasserhaushalt im Wald revitalisieren, verbessern und die Wälder als Wasserspeicher, Puffer und Schwamm fördern wo immer möglich und umsetzbar. Denn Wasser ist nicht nur der limitierende Faktor für unsere Wälder, sondern zudem eine der zentralen gemeinwohlorientierten Waldfunktionen.

Das ZWH hat sich „Forschung für die Praxis“ auf die Fahne geschrieben. Wie gelangen die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer an die Erkenntnisse?

Wir arbeiten und forschen aus der Praxis für die Praxis. Dabei wollen wir auch in Zeiten des Klimawandels kundenorientierte Beratungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Die intensive Kooperation – das Forschungsnetzwerk – ist hier besonders wichtig. Ziel ist es, den Wissenstransfer am Forstlichen Bildungszentrum (FBZ), den Austausch über das Zentrum HOLZ und die verschiedenen schon bestehenden Akteursnetzwerke auszubauen und zu stärken. So wollen wir noch mehr und intensiver mit Waldbesitzenden ins Gespräch kommen.

Wald ist Zukunft, wir müssen in ihn investieren.

 


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