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Förderung für
den Waldbesitz

Synchronisation der Wertschöpfungskette Forst-Holz

Herausforderungen und Chancen einer sich verändernden Rohstoffbasis „Holz“

12.09.24Waldblatt

Widerstandsfähig im Klimawandel und ein minimiertes Risiko – so die Motivation zum Aufbau klimastabiler Mischwälder als Reaktion auf wiederkehrende Extremwetterereignisse. Doch wie wirkt sich der Waldumbau auf eine wertschöpfende und ressourceneffiziente Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs Holz aus?

Perspektivisch wird ein vielfältigeres und kleinteiligeres Baumarten-Portfolio als bislang erwartet, mit Baumarten, deren stofflichen Verwendungspotenziale bis dato nicht ausgeschöpft und teils unbekannt sind. Ein kleinteiliges Baumartenspektrum sowie geringwertige Rohholz-Qualitäten würden dabei im Besonderen für die Produktion von Holzbauprodukten Herausforderungen darstellen und erfordern einen offenen Dialog entlang der Wertschöpfungskette Forst-Holz hinsichtlich zu erwartender Rohholzmengen und Qualitäten.

Bislang ist die stoffliche Verwendung von Rohholz durch Nadelholz, insbesondere Fichte, geprägt (> 90 %, Thünen-Institut für Waldwirtschaft (2022)). So stellt Fichtenholz das mengenmäßig mit Abstand wichtigste Bau- und Konstruktionsholz in Deutschland dar. Aber wie wurde die Fichte zum „Brotbaum“ der Forst- und Holzwirtschaft? Im Besonderen ihre technologischen Eigenschaften, eine gute Ver- und Bearbeitbarkeit, ihre normative Regelung zur Herstellung von Holzbauprodukten sowie ihre Verfügbarkeit sind es, die für eine Verwendung von Fichtenholz in benannten Anwendungen sprechen und diese ermöglichen.

Doch was passiert nun, bei einer sich ändernden Rohstoffbasis? Insbesondere dann, wenn sich die Verfügbarkeit von Nadelholz zugunsten derer von Laubholz in Zukunft reduziert?

 

Rohholzverfügbarkeit und Holznutzung „gestern“ und „morgen“ – Vereinfachte schematische Darstellung (Illustration: Dr. Lukas Emmerich, Wald und Holz NRW)

Im Bereich der Holzbauprodukte auf Massivholzbasis sind nebst der reinen Verfügbarkeit die technologischen Eigenschaften (u. a. Festigkeiten) und die Listung entsprechender Baumarten in den Normen für Bauschnittholz sowie den Prüfungs- und Auswertungsnormen zur Festigkeitssortierung maßgeblich. Erfolgt dies für eine Baumart nicht, ist für diese nach Norm keine Herstellung von verklebten Holzbauprodukten (z. B. Brettschichtholz, Brettsperrholz) möglich. Das heißt, nicht alle Baumarten, die auf Basis ihrer Eigenschaften in der Produktkategorie „Bauholz für tragende Zwecke“ nutzbar wären, dürfen aktuell in dieser genutzt werden. Dies gilt derzeit für die Baumart Birke ebenso wie für viele weitere, standortgerechte Laub- sowie Nadelbaumarten. Generelle Vorteile zahlreicher Laubbaumarten zeigen sich jedoch in gegenüber Nadelbaumarten höheren Festigkeitswerten, die ein ressourcenschonendes Bauen mit Laubholz (schlankere Querschnitte) ermöglichen.

Da der Klimaschutzbeitrag der Holzverwendung mit der Wertschöpfung, Nutzungsdauer und Kreislauffähigkeit von Holzprodukten steigt, empfiehlt sich eine hohe Wertschöpfung in der ersten Verarbeitungsstufe von Rohholz, also die Herstellung von Holzbauprodukten aus Stammholzsortimenten.

 

Prozesskette „vom Baum zum Holzprodukt“ – Darstellung des primären Materialstroms inkl. der Nutzung von Koppelprodukten und Stoffkreisläufen durch Recyclingprozesse in der Holzverarbeitung (Teischinger (2019), adaptiert von Dr. Lukas Emmerich)

Die stofflichen Verwendungsmöglichkeiten von Holz sind heute vielfältig. Vom verklebten Vollholzprodukt (z. B. Brettschichtholz, Brettsperrholz), über Holzwerkstoffplatten (z.B. Spanplatte, OSB-Platte) bis hin zur Herstellung von Biokraftstoffen oder biobasierten Klebstoffen (holzbasierte Bioraffinerie) ermöglichen moderne Füge-, Klebe- und Aufschlusstechniken, Holz stofflich zu nutzen und so eine Vielzahl von Baumarten zu verarbeiten.

Zu diesen Themen, insbesondere der Herstellung von Holzbauprodukten aus alternativen Baumarten, forscht daher das Team Holzwirtschaft im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft (ZWH) bei Wald und Holz NRW in überregionalen Projektgruppen. Im Fokus steht das übergeordnete Ziel einer erfolgreichen Synchronisation der Holzverwendung mit der zukünftigen Rohstoffbasis. Maßgeblich für deren Erfolg ist die Förderung des Dialogs zwischen Forst- und Holzwirtschaft, um Verständnis für die jeweiligen Rahmenbedingungen und eine optimale Nutzung von Rohholzpotenzialen zu schaffen.

Neben Holzbauprodukten für tragende Zwecke werden nahe der ZWH-Dependance in Olsberg-Steinhelle seit Anfang 2024 zudem Freilandversuche zur Bewertung der Einsatzmöglichkeiten von Laub- und Nadelbaumarten in frei bewitterten Bauteilen (z.B. Fassadencladdings, Terrassendielen) durchgeführt. Hier kooperiert das Team Holzwirtschaft in einem international angelegten Ringversuche mit dem Thünen-Institut für Holzforschung (Hamburg), der Materialprüfanstalt (MPA) Eberswalde und weiteren Forschungspartnern.

 

Freilandversuchsfeld in Olsberg-Steinhelle (Team Holzwirtschaft, ZWH, Wald und Holz NRW) – Wetterstation und Prüfgestelle mit verschiedenen Nadel- und Laubbaumarten im Bundle-Test zur Bewertung der biologischen Dauerhaftigkeit (Foto: Dr. Lukas Emmerich, Wald und Holz NRW)

Die Erkenntnisse der Forschungsvorhaben stellen wir Ihnen gerne im Rahmen von Seminaren (Forstliches Bildungsprogramm), Veröffentlichungen oder im persönlichen Austausch zur Verfügung.

Autor: Dr. Lukas Emmerich, Wald und Holz NRW


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