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Förderung für
den Waldbesitz

Hochmechanisierte Jungbestandspflege

in Kyrill-Beständen

06.12.23Waldblatt

Seit 2018 prägte die Bewältigung der Fichtenkalamität den forstlichen Alltag im Sauerland. Verständlicherweise wurden deshalb vielerorts Themen wie die Pflege von Kyrill-Beständen vernachlässigt. Da die Kalamitätsentwicklung abschwillt, will das Forstamt nun die Bestandespflege in den Fokus rücken.

Schmaler Radharvester in Aktion (Foto: Wald und Holz NRW)

Der Sturm Kyrill mit dem Schadenschwerpunkt Südwestfalen fegte in der Nacht vom 18. bis 19. Januar 2007 über NRW hinweg und zerstörte ca. 50.000 Hektar Wald, davon allein etwa 8.000 Hektar im Gebiet des Regionalforstamtes Oberes Sauerland. Ein Teil der Fläche wurde nach dem Schadereignis künstlich über Pflanzungen wiederbewaldet, große Teile allerdings der Sukzession überlassen. Auf diesen Flächen beherrschen vielfach Fichten, Birken und Ebereschen das Bild. Aufgrund anderer Arbeitsschwerpunkte weisen diese Bestände teilweise erhebliche Pflegerückstände auf, welche nun abgearbeitet werden müssen.

Zusätzlich zur klassischen motormanuellen Jungbestandspflege mit leichter Motorsäge oder Spacer wurde nun ein hochmechanisiertes Verfahren entwickelt. Bei diesem Verfahren, das anlässlich der 50-Jahr-Feier der FBG Freienohl durch Forstunternehmer „Jens Heuel Forstservice“ aus Sundern präsentiert wurde und im Folgenden näher vorgestellt wird, wird die Jungbestandspflege von einem Harvester mit einem Energieholzgreifer durchgeführt. In einem Fichten-Douglasien-Birken-Beispielbestand sollte die Verjüngung auf ca. 2 x 2 Meter vereinzelt werden. Gemäß Zielsetzung des Waldbesitzers sollte – mit Ausnahme von wenigen Blöcken mit Förderung der Birke – pro Nadelholz durchforstet werden. In den PEFC-konformen Rückegassen startete der relativ schmale Harvester ohne vorheriges Auszeichnen. Je nach Baumart, Durchmesser und Bestandessituation wurde durch ein „Abkneifen“ der zu entnehmenden Bäume die Verjüngung vereinzelt und der Bestand strukturiert. Die entnommene Masse wurde im gleichen Arbeitsschritt vom Harvester gebündelt an der Rückegasse abgelegt. Dieses Material wiederum wurde vom Rückezug eingesammelt und zum nächsten Forstwirtschaftsweg transportiert. Dort wurde das gesammelte Material zu Hackschnitzeln verarbeitet. Ergänzend zu den beschriebenen Arbeitsschritten ist je nach Baumart und Qualität ein partielles Ästen von höherwertigen Exemplaren im Bestand zu empfehlen.

Die Kosten der beschriebenen hochmechanisierten Jungbestandspflege belaufen sich laut einer ersten Nachkalkulation im Beispielbestand auf rund 5.000 € pro Hektar:

Kosten Harvester:                                         16 MAS x 150 €/h = 2.400 €

Kosten Rückezug:                                         4,5 MAS x 120 €/h = 540 €

Kosten Hacken:                                             2.000 €

(MAS = Maschinenarbeitsstunde)

Die Kosten für das Hacken beinhalten neben Verladung und Transport auch eine mögliche Zwischenlagerung der Hackschnitzel.

Den dargestellten Kosten steht ein Erlös von ca. 3.600 € gegenüber, dieser ergibt sich durch den Verkauf von 240 Schüttraummeter (Srm) Hackschnitzel zu einem Preis von 15 Euro pro Srm.

Zum Vergleich belaufen sich die Kosten einer klassischen motormanuellen Jungbestandspflege auf grob 1.000 € pro Hektar. Da das Material im Wald verbleibt, stehen den Kosten keine Erlöse gegenüber.

In älteren bzw. stärkeren Beständen kann neben Energieholz oftmals auch Zaun- oder Industrieholz ausgehalten werden. Daher dürfte die hochmechanisierte Jungbestandspflege in diesen Beständen aufgrund größerer Erlöse kostendeckend sein. Hinweis: Da die Jungbestandspflege im Beispielsbestand im belaubten Zustand durchgeführt wurde, war die Qualität der Holzhackschnitzel gering.

Das beschriebene Verfahren inklusive des Hackens entspricht einer Vollbaumnutzung. Diese wird durch die gängigen Zertifikate PEFC und FSC eingeschränkt. PEFC schreibt dazu unter anderem, dass die Vollbaumnutzung erst ab einem Bestandesalter, in dem auch Standardsortimente für die stoffliche Nutzung ausgehalten werden können, durchgeführt und erst nach Abfall von Nadeln, Blättern und Feinreisig gerückt werden sollte. Da Papierholz als Standardsortiment gilt und bereits bei geringen Durchmesser ausgehalten wird, kann dies vernachlässigt werden. Bei nach FSC zertifizierten Betrieben muss Nicht-Derbholz (< 7 cm) im Bestand verbleiben, eine Vollbaumnutzung wie im beschrieben Verfahren kann damit nicht erfolgen.

Die Möglichkeiten, Fördermittel für die Jungbestandspflege von Kyrill-Beständen in Anspruch zu nehmen, sind begrenzt. Wenn spezielle Kriterien erfüllt sind, also die Kultur aus min. 65 % heimischen Laubholz besteht und z.B. erst 2009 begründet wurde, wird die Jungbestandspflege mit 770 Euro pro Hektar gefördert.

Wenn der optimale Eingriffszeitpunkt verpasst wurde, stellt das beschriebene Verfahren eine Alternative zur klassischen motormanuellen Jungbestandspflege dar. Um einen produktiven, klimastabilen Mischwald zu etablieren, ist die Jungbestandspflege zur Förderung von Strukturvielfalt und zur Risikominimierung sehr sinnvoll. Die Revierleitungen beraten Sie gern!

Hacker am Forstwirtschaftsweg (Foto: Wald und Holz NRW)

Blick in den Bestand nach der hochmechanisierten Jungbestandspflege (Foto: Wald und Holz NRW)

Autor: Magnus Niemeyer, Forstreferendar


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