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Förderung für
den Waldbesitz

"Wir sind die Partner des Waldes“

21.03.24Waldblatt

Fragen an Martin Sellmann, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Forstbaumschulen e.V.

Martin Sellmann ist Mitinhaber der Heinsberger Forstbaumschulen M. Balzer-Sellmann KG im Sauerland. Der Produktionsbetrieb von Forstpflanzen aller Art wurde 1880 gegründet und ist ein familiengeführter land- und forstwirtschaftlicher Betrieb in vierter Generation. Der gelernte Baumschulkaufmann und Gärtner, Fachrichtung Baumschule, ist seit 1999 ehrenamtlich als stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Forstbaumschulen e.V. (VDF) tätig. Martin Sellmann vertritt als Sprecher der Region West die Interessen der nordrhein-westfälischen Forstbaumschulen (10 Mitgliedsbetriebe).

1. Was macht der Verband Deutscher Forstbaumschulen e.V.?

Der Verband ist ein Zusammenschluss von circa 100 bundesdeutschen Betrieben an mehr als 120 Standorten, die forstliches Saat- und Pflanzgut produzieren und damit die deutsche Waldwirtschaft sichern. Unsere Betriebe sind durchweg mittelständisch, häufig Familienbetriebe, die vornehmlich lokal, aber auch national und international tätig sind.

Unser Ziel ist es, die nachhaltige Waldwirtschaft zu unterstützen.

Das tun wir durch:

  • Versorgung des Marktes mit Forstpflanzen gemäß dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG)
  • Qualitätssicherung und deren Weiterentwicklung auf allen Ebenen der Produktionskette
  • Dialog mit der Wissenschaft
  • Teilnahme an politischen Prozessen in Landes- und Bundesgremien.

Wir sind die Partner des Waldes, die leistungsfähiges und hochwertiges Forstvermehrungsgut für den klima- und standortgerechten Wald der Zukunft bereitstellen.

2. Welche Baumarten halten Sie vor dem Hintergrund der Anpassung des Waldes an den Klimawandel künftig für besonders relevant?

Meines Erachtens sind unsere bisherigen und schon über Generationen etablierten Laub- und Nadelgehölze auch zukünftig für die Wiederbewaldung und sicherlich auch beim weiterhin anstehendem Waldumbau von großer Bedeutung.

Im Baumartenportfolio sollten die trockenheitstoleranten heimischen Baumarten Priorität genießen, wie zum Beispiel Trauben-, Stiel- und Roteiche, sowie Rotbuchen als Hauptbaumart! Aber auch der Anbau von Edellaubhölzern, wie Bergahorn, Spitazhorn und Wildkirsche sowie seltene Baumarten wie Elsbeere, Eberesche, Edelkastanie, Mehlbeere, Schwarz- und Walnuss sollten nicht vernachlässigt werden. Als Initialpflanzung eignet sich unter anderem die Roterle; als dienende Baumart die Hainbuche und Winterlinde.

Weißtanne, große Küstentanne, pazifische Edeltanne, Europäische Lärche und Hybrid-Lärche sowie die Douglasie und Kiefernarten werden im Nadelholzsortiment nach wie vor eine große Rolle für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer spielen.

Eingeführte Baumarten, wie der Baumhasel, lindenblättrige Birke, Riesenlebensbaum und die Atlas- und Libanonzeder als Beimischungen runden das Sortiment ab.

3. Gibt es von diesen Baumarten ausreichend anerkannte Bestände, um entsprechend geeignetes Pflanzgut zur Verfügung zu stellen?

Nein, vor allem für die heimischen Baumarten. Wir als Verband sorgen uns um eine ausreichende Verfügbarkeit von hochwertigem forstlichem Saatgut ausgelöst durch:

  • Durch ihr hohes Alter nachlassende Leistungsfähigkeit der zugelassenen Erntebestände
    (Die Dürre beschleunigt Ausfall zusätzlich.)
  • Aberkennung von untauglichen alten Erntebeständen
  • Neue Schadorganismen, die die Verwendung heimischer Waldbaumarten dezimieren
  • Nicht ausreichende genetische Variabilität etablierter Fremdländer wie der Douglasie

Daher ist es äußerst wichtig, weitere Erntebestände anzuerkennen sowie mehr Samenplantagen als Unterstützung des Waldsaatgutes anzulegen.

4. Gerade im die nächsten 5 bis 10 Jahre anstehenden Wiederbewaldungsprozess wird viel Pflanzmaterial benötigt. Sind die Baumschulen in der Lage nachhaltig zu produzieren?

Ausgangspunkt einer nachhaltigen Pflanzenproduktion ist die Verfügbarkeit von hochwertigem Saatgut.

Seit Jahren, besonders seit dem Jahr 2021, haben wir verstärkt ein Saatguternteproblem, da trotz guter Blühprognosen die jeweiligen Masten in den unterschiedlichsten Herkünften nicht berechenbar sind. Nicht jede Baumart fruktifiziert jährlich. Somit ist Saatgut nicht immer für alle Regionen in den entsprechenden Herkünften verfügbar.

Bei guter Bevorratung kann teilweise durch Einlagerung gestreckt werden. So kann der Druck aus der Situation genommen werden.

Ist ausreichend Saatgut vorhanden, sind die Baumschulen in der Lage, durch kontinuierliche Ausweitung der Anbauflächen nachhaltig zu produzieren.

5. Bei welchen Baumarten sehen Sie heute Engpässe, welche können schon jetzt nachhaltig bereitgestellt werden?

Zurzeit sind die Hauptbaumarten im Laub- und Nadelholz in den Baumschulen verfügbar. Aufgrund von Fehlernten im Herbst 2023 werden hauptsächlich bei Trauben- und Stieleiche in den kommenden zwei Jahren keine Pflanzen verfügbar sein.

Wegen Sprengmasten können bei Bergahorn, Spitzahorn, Wildkirsche, Rotbuche, Winterlinde, Roterle, Esskastanie und Ulmenarten in geeigneten Herkünften Engpässe auftreten. Hainbuche wird es ausreichend geben.

Weißtanne, Küstentanne, pazifische Edeltanne und Douglasie sind, Stand heute, in den nächsten 3 bis 4 Jahren vorhanden. Europäische und Japanische Lärche sowie Hybridlärche sind wegen unterdurchschnittlicher Saatgutversorgung in den kommenden Pflanzperioden äußerst knapp. Feld- und Landschaftsgehölze in den entsprechenden Vorkommensgebieten werden nicht nachhaltig produziert werden können, da kein ausreichendes Saatgut vorhanden ist.

6. Werden „Fremdländer“ aus Ihrer Sicht eine größere Rolle spielen?

Ja, aber wir sollten auf die alten Gastbaumarten vertrauen und setzen, die wir seit fast 300 bis 400 Jahren kennen. Zu sehr ins Unbekannte zu greifen, kann fatale Folgen haben, wie bereits Prof. Spellmann Emeritus für die Forstlichen Versuchsanstalten veröffentlichte.

7. Welche Pflanzengröße würden Sie empfehlen? Eher kleinere Sortiment oder eher größere? Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Eine Empfehlung auszusprechen ist schwierig.

Die Flächenlage, Bodenbeschaffenheit und eventueller Wilddruck sind Anhaltspunkte für die Sortimentsgröße. Es hat sich gezeigt, dass kleinere Pflanzensortimente besser anwachsen und bei längerer Hitze und Dürrephase eine größere Chance haben weiterzuwachsen. Jedoch gibt es auch Standorte, wo Großpflanzen und Heister möglich sind oder sein müssen. (Wilddruck, Begleitvegetation etc.)

8. Wie sieht der Wald in NRW in 50 Jahren aus?

Da, wo bisher Reinbestände waren, wird es künftig vor allem Mischwald geben. Wir hoffen allerdings, dass es auch Chancen und Bestrebungen gibt, Nadelholzanteile so zu erhalten, dass die Versorgung mit Bau- und Konstruktionsholz bestehen bleibt.

Wir bieten über 50 Baumarten an und folgen den Plänen des Waldbaus verbunden mit der Nachfrage, die in Relation zum Saatgutaufkommen steht.

Mischwald wird aber mehr Personal auf der Fläche erfordern, das wird entscheidenden Einfluss auf das Aussehen des Waldes in Zukunft haben. Ohne Pflege wird die Produktivität sinken.


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