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Förderung für
den Waldbesitz

Eingeführte Baumarten in der Wiederbewaldung

Eine Chancen-Risiken-Abwägung

21.03.24Waldblatt

Wenn Waldbesitzende heute vor den hektargroßen Kalamitätsflächen stehen, stellen sie sich erst einmal die Frage: Wie soll es nun weitergehen? Dass ein „weiter wie bisher“, insbesondere mit der Fichte, vielerorts keine Option mehr ist, wird jedem bei diesem Anblick sofort klar. Der Klimawandel ist im Wald angekommen.

Bei der Suche nach neuen Lösungsstrategien stoßen Waldbesitzende früher oder später auch auf die Möglichkeit, in ihrem Wald neue Baumarten auszuprobieren. Man verspricht sich von eingeführten Baumarten aus trockeneren und wärmeren Regionen der Erde, dass sie mit dem Klimawandel besser zurechtkommen können. Auch eine breitere Risikostreuung durch die Einbringung einer weiteren Art ist ein häufiges Ziel.

Erfahrungsberichte und Meinungen, welche Baumart sich für einen Anbau im eigenen Wald eignet oder auch nicht, sind in der Zeit des Neuanfangs nicht immer eindeutig. Auch die zahlreichen Berichte und Artensteckbriefe, die es zu dem Thema gibt, beruhen häufig auf wenigen Einzelflächen oder sogar noch öfter auf reinen Literaturauswertungen. Diese spiegeln meist Erfahrungen aus den Heimatländern der Arten wieder. Sie lassen sich nur bedingt auf den heimischen Wald und unsere Ökosysteme übertragen. Daher können sie nur ein erster Anhalt sein, um eine Vorauswahl potentiell geeigneter Baumarten zu treffen. Es bleibt ein nicht zu unterschätzendes Restrisiko beim Anbau der eingeführten Baumarten, weil langfristige Erfahrungen weitgehend fehlen. Erste Forschungen wurden zwar schon im 19. Jahrhundert angestoßen – aber was sind schon 140 Jahre in dem langlebigen Ökosystem Wald?

Weiterhin besteht beim Einbringen der „Neuen“ die Befürchtung, dass diese negative Auswirkungen auf heimische Ökosysteme haben könnten. Jedoch ist nicht jede dieser neuen Arten per se als gefährdend einzustufen, sondern nur, wenn sie Merkmale aufweist, die zu einem Verdrängungseffekt gegenüber heimischen Arten führt. Hier sind insbesondere die Fähigkeit zum Stockausschlag, zu vegetativer Vermehrung oder eine zu stark ausgeprägte Verjüngungsfreudigkeit in Verbindung mit schnellem Wachstum zu nennen. Arten, auf die das zutrifft, sollten beim Anbau vermieden werden.

In diesem Hinblick als „sicher“ anzusehen sind die Experimentierbaumarten (Atlas- und Libanonzeder, Riesenlebensbaum, Baumhasel, Edelkastanie, Walnuss), die im Waldbaukonzept NRW genannt sind. Diese wurden durch umfangreiche Literaturstudien und unterstützend erste Forschungsergebnisse hinsichtlich solcher Merkmale überprüft und weisen diese nicht auf. Die Ergebnisse und Informationen sind in der Publikation "Eingeführte Baumarten in Nordrhein-Westfalen" nachzulesen. Da jedoch auch für diese Arten weitreichende Erfahrungen und damit eine vorbehaltlose Anbauempfehlung in NRW fehlen, ist eine Einbringung auf nicht mehr als 10% der Fläche empfohlen, um das Betriebsrisiko nicht zu sehr zu steigern.

Eine Erforschung der Experimentierbaumarten und auch weiterer eingeführter Baumarten ist ein zentrales Forschungsfeld des Teams Waldbau des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft. Wir generieren auf zahlreichen Versuchsflächen die dringend benötigten Erfahrungen, um den Wissensstand sukzessive zu erweitern. Die Erkenntnisse stellen wir Ihnen gerne in unseren Seminaren, welche im forstlichen Bildungsprogramm aufgeführt sind, sowie in verschiedenen Veröffentlichungen zur Verfügung.

Sicher ist, auch wenn die eingeführten Baumarten neue Chancen mit sich bringen, sind sie keine Heilsbringer. Auch sie können artspezifische Krankheiten aufweisen, die zu hohen Ausfällen führen (Beispiel Botryosphaeria-Triebsterben Mammutbaum, Bild 1).  Auch für sie gilt: keine Baumart ist auf jedem Standort geeignet (Beispiel Edelkastanie - Mehrtriebigkeit durch Spätfrostschaden, Bild 2).

Wenn Sie über die Verwendung eingeführter Baumarten in Ihrem Wald nachdenken und eine Beratung wünschen, wenden Sie sich gerne an Ihre zuständigen Försterinnen und Förster vor Ort und das Zentrum für Wald und Holzwirtschaft (zwh@wald-und-holz.nrw.de).

Bild 2: Mehrtriebige Edelkastanie durch vorangegangenen Spätfrostschaden (Foto: Jana Hanke, Wald und Holz NRW)

Bild 3: Gelungene Atlaszederkultur (Foto: Jana Hanke, Wald und Holz NRW)

Autorin: Jana Hanke, Wald und Holz NRW


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