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Förderung für
den Waldbesitz

Waldentwicklung nach Schadereignissen

Pflegekonzepte im landeseigenen Forstbetrieb - Revier Beckerhof

06.11.25Waldblatt

Die Schadereignisse der vergangenen Jahre haben das Staatswaldrevier Beckerhof in besonderer Weise verändert. Orkan Kyrill im Jahr 2007, weitere Stürme in den Folgejahren sowie der flächige Borkenkäferbefall ab 2019 führten zu einem nahezu vollständigen Ausfall der Fichte. Insgesamt gingen rund 350.000 Festmeter Holz verloren, was einem Anteil von etwa 98 Prozent des gesamten Bestandes entspricht. Damit war eine grundlegende strategische Neuausrichtung in der Waldbewirtschaftung unvermeidlich.

Ziel ist heute der Aufbau strukturreicher, standortgerechter Mischwälder. Diese sollen eine deutlich höhere Resilienz gegenüber Sturmereignissen und Insektenbefall aufweisen, zugleich aber auch langfristig eine wirtschaftliche Nutzung ermöglichen und wesentliche ökologische Funktionen wie Biodiversität, Wasserrückhalt und Bodenschutz erfüllen. Das Ziel ist ein Waldbild, das gleichermaßen den Ansprüchen von Naturschutz, Klimaanpassung und Forstwirtschaft gerecht wird.

Wiederbewaldung im Gebiet „Nockenkreuz“

Ein Beispiel für die neue forstliche Praxis ist die Fläche „Nockenkreuz“ mit einer Größe von etwa fünf Hektar. Dort wurden nach Kyrill verschiedene Baumarten begründet: Douglasien und Buchen als Hauptbaumarten, ergänzt durch Lärchen und Birken. Teile der Fläche wurden durch Zäune geschützt, während auf anderen Bereichen Einzelschutz in Form von Wuchshüllen zum Einsatz kam. Ergänzend konnte sich standortabhängig Naturverjüngung einstellen. Nach rund 18 Jahren zeigt sich, dass eine gezielte Pflege notwendig ist, um die Konkurrenzverhältnisse zwischen den Baumarten zu steuern und die Entwicklung qualitativ hochwertiger Bestände sicherzustellen.

Gezielte Pflegemaßnahmen für einen stabilen Mischwald

Die aktuellen Maßnahmen umfassen vor allem die Jungbestandspflege und die Regulierung des Mischwuchses. Es werden standortgerechte und dem Klimawandel angepasste Baumarten gefördert. Je mehr verschiedene Arten im Bestand enthalten sind, umso besser. Auswahlkriterien für die Positivauswahl sind Vitalität, Stabilität, Wuchsform und die räumliche Verteilung der Bäume im Bestand. Im Umkehrschluss werden nicht dem Klimawandel und dem Standort angepasste sowie stark bedrängende Einzelbäume entnommen. So wird gewährleistet, dass die verbleibenden Individuen über ausreichend Licht, Raum und Nährstoffe verfügen und sich eine nachhaltige und tragfähige Mischungsstruktur herausbilden kann.

Die Pflegearbeiten werden von den Auszubildenden des Reviers unter Anleitung des Forstwirtschaftsmeisters durchgeführt. Dabei kommen sowohl Motorsägen als auch spezielle Werkzeuge wie der Spacer zum Einsatz. Das entnommene Holz findet teilweise noch eine Nutzung, etwa als Zaunpfähle, sodass auch dieser Arbeitsschritt ressourcenschonend eingebunden wird.

In dieser Phase der Bestandsentwicklung wird deutlich, dass der Aufbau klimastabiler Mischwälder nicht gänzlich der Sukzession überlassen werden kann. Naturverjüngung allein reicht nicht aus, um ein stabiles, zukunftsfähiges Waldbild hervorzubringen. Erforderlich ist vielmehr eine konsequente, aufeinander abgestimmte Abfolge von Pflegemaßnahmen, die über Jahre hinweg kontinuierlich umgesetzt werden muss. Fachlich begleitet und systematisch durchgeführt, können die Bestände so Schritt für Schritt in eine Richtung gelenkt werden, die sowohl ökologische als auch ökonomische Ansprüche erfüllt.

Nach derzeitiger Einschätzung wird es noch mindestens ein Jahrzehnt dauern, bis die wiederbegründeten Flächen in eine Entwicklungsphase eintreten, in der eine erste wirtschaftliche Nutzung möglich erscheint. Bis dahin gilt es, durch umsichtiges Handeln die Weichen für stabile, artenreiche und zukunftsfähige Wälder zu stellen.

 

Autor: Christian Pröbsting, Wald und Holz NRW


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