Umweltbildung im Fokus: Neue Impulse fürs RFA Ruhrgebiet
Gelsenkirchen, 24.-26. Juni 2024– 5 Millionen Menschen – 5 Millionen Chancen
Das Regionalforstamt (RFA) Ruhrgebiet betreut den größten Ballungsraum Deutschlands – ein Raum voller Vielfalt, Herausforderungen und Potenziale. Hier leben über 5 Millionen Menschen aus mehr als 150 Nationen. Darunter: Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Potentialen sich für den Wald stark zu machen in ihrem unmittelbaren Umfeld oder in einem politischen Kontext.
Die Dimensionen sind gewaltig: In der Metropolregion Ruhr gibt es laut Regionalverband Ruhr (RVR) 1.337 Schulen mit rund 530.760 Schülerinnen und Schüler sowie rund 165.000 Kinder in Tageseinrichtungen. Nachhaltig wären im Sinne einer BNE drei Waldbesuche pro Kind, um langfristige Wirkung in der Umweltbildung zu erzielen. Das bedeutet für die Region, dass das RFA Ruhrgebiet ein waldpädagogisches Angebot für rund 160.000 Kinder und Jugendliche pro Jahr ermöglichen müsste – nur gut 7000 erreicht es derzeit.
Neugierig über den Tellerrand geschaut
Um neue Wege und Lösungsansätze zu finden, machten sich vom 24. bis 26. Juni 2025 Kolleginnen und Kollegen der Schwerpunktaufgabe „Urbane Wälder“ (Winfried Hardes, Markus Herber, Christian Frank), gemeinsam mit RFA-Leiterin Meike Steimann und Teamleiterin Christa Vitt-Lechtenberg (FB IV) mit Zuständigkeit für Umweltbildung, auf den Weg nach Niedersachsen, Brandenburg und Berlin.
Station 1: Braunschweig – Stiftung Zukunft Wald & Waldforum Riddagshausen
Die Niedersächsischen Landesforsten haben mit der Stiftung Zukunft Wald einen innovativen Weg eingeschlagen: Als erstes öffentliches Unternehmen der Forstwirtschaft gründeten sie eine Stiftung, die neben den Erträgen aus dem Stiftungskapital durch Zustiftungen, Spenden und Sponsoring finanziert wird. Ihr Fokus liegt auf Umweltbildung und Artenschutz – und das mit großem Erfolg:
Mehr als 80 Schulwälder sind gemeinsam mit über 140 Schulen angelegt worden. Die Flächen werden den Schulen von privaten oder öffentlichen Grundstückseigentümerinnen und -eigentümern kostenlos für 30 Jahre überlassen – und als „grünes Klassenzimmer“ fest in den Schulalltag integriert.
Zusätzlich betreiben die Landesforsten elf Walderlebniszentren und elf Waldpädagogikzentren sowie Walderlebnispfade und Waldhütten. Das Waldpädagogikzentrum Riddagshausen punktet mit vielfältigen Angeboten – von Familiensonntagen über Seminare bis hin zu Kindergeburtstagen. Die waldpädagogischen Angebote werden durch einen Förderverein organisiert, der über Vermittlungsverträge mit selbstständigen Umweltpädagoginnen und -pädagogen zusammenarbeitet.
Station 2: Brandenburg – Jugendhof, Naturwacht und Waldbegegnungsstätte
Der Jugendhof Brandenburg e.V. ist eine vollstationäre Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung für Jugendliche mit einem intensivpädagogischen Bedarf, auf dem die sozialpädagogische Arbeit mit ökologischer Land- und Forstwirtschaft, Erneuerbaren Energien und Umweltbildung in Form eines Whole-Institution-Approachs verbunden wird. Da der Jugendhof nur erfolgreich sein kann, wenn er in der Region akzeptiert wird, ist Umweltbildung nicht nur ein Angebot für die Bewohnenden – sie ist Teil eines gesellschaftlichen Auftrags. Schulen und Kitas der Region werden gezielt einbezogen teilzuhaben und wirksam für die Region zu werden.
Die Naturwacht Brandenburg leistet mit 90 Rangerinnen und Rangern in 15 Schutzgebieten nicht nur Kontroll- und Monitoringaufgaben, sondern auch intensive Umweltbildungsarbeit – vom Junior-Ranger-Programm bis hin zu über 50 unterschiedlichen Bildungsformaten.
Die Waldbegegnungsstätte Krämer, ehemals militärisches Gelände, wurde zu einem Ort der Naturbegegnung für Kitas und Grundschulen umgewandelt. Grillplatz, Übernachtungsmöglichkeiten und kreative Lernorte machten den Wald auch für die breite Öffentlichkeit erlebbar – auch wenn der Klimawandel (z. B. durch notwendige Verkehrssicherungsmaßnahmen) zunehmend Einschränkungen bringt.
Station 3: Berlin – Waldschule Zehlendorf & Mistkäfer-Rucksackschule
In Berlin verfolgt man ein klares Ziel: Jedes Berliner Grundschulkind soll mindestens einmal im Wald gewesen sein. Dafür arbeiten die Berliner Forsten mit freien Trägern zusammen und finanzieren insgesamt sieben stationäre und zwei mobile Rucksackwaldschulen. Die Träger nutzen die Liegenschaften der Berliner Forsten mietfrei. Die Rechten und Pflichten der Freien Träger werden vertraglich geregelt. Zum Regelbetrieb gehören Waldtage und Ferienprogramme. Eine Herausforderung: Die Waldflächen, die den Schulen zur Verfügung gestellt werden (ca. 400 m² je Ort), werden regelmäßig im Hinblick auf die Verkehrssicherung kontrolliert und Totholz entfernt – ein Aufwand, der durch zunehmende Waldschäden stetig steigt.
Fazit: Leidenschaft und Kreativität sind der Schlüssel
Ob in Niedersachsen, Brandenburg oder Berlin – alle erfolgreichen Modelle basieren auf der hohen Eigenmotivation der Mitarbeitenden. Umweltbildung lebt von persönlichem Engagement, Vertrauen und Wertschätzung – nicht von Pflichtaufgaben. Gleichzeitig ist die Finanzierung überall eine große Herausforderung. Wer in der Umweltbildung mehr als bisher bewegen will, braucht nicht nur Kreativität, sondern auch die Bereitschaft, neue Wege zu gehen: Sponsoring, Spenden und Kooperationen können Türen öffnen, wo klassische Finanzierung nicht weiterführt.
Wie geht es weiter im RFA Ruhrgebiet?
Trotz angespannter Haushaltslage und nicht besetzter Stellen in der SPA „Urbane Wälder“ möchten das RFA Ruhrgebiet die gewonnenen Erkenntnisse nicht ungenutzt lassen. Gemeinsam mit dem Fachbereich IV und dem Team Produktentwicklung wird das RFA Ruhrgebiet alternative Finanzierungsmodelle erproben, um neue Angebote in der Umweltbildung zu ermöglichen – auch wenn dies zunächst nur im kleinen Rahmen möglich ist.
Denn klar ist: Jede Begegnung von Kindern mit dem Wald ist eine Investition in unsere gemeinsame Zukunft.