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Förderung für
den Waldbesitz

"Industriewald Rheinelbe" ausgezeichnet

10.12.20Pressemitteilung

Das Projekt "Industriewald Rheinelbe - Wildnis- und Naturerfahrungsraum im Ruhrgebiet" des Landesbetriebes Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Ruhrgebiet, Schwerpunktaufgabe Urbane Wälder wurde im Rahmen des Sonderwettbewerbs "Soziale Natur - Natur für alle" als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet.

Die Auszeichnung wird an vorbildliche Projekte verliehen, die auf die Chancen aufmerksam machen, welche die Natur für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bietet.

Coronabedingt wurde der Titel "Ausgezeichnetes Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt" am 7. Dezember 2020 im kleinen Rahmen in der Forststation Rheinelbe in Gelsenkirchen verliehen.  

Nach der Begrüßung und einer kurzen Projektvorstellung durch Peter Bergen, dem Leiter des Regionalforstamtes Ruhrgebiet, richtete die Oberbürgermeisterin der Stadt Gelsenkirchen, Karin Welge ihr Grußwort an den Teilnehmerkreis. Die Laudatio und Auszeichnung erfolgte durch Ulrich Dohle, Juror der UN-Dekade und Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Forstleute. Ein Rundgang durch den Industriewald mit Erläuterungen direkt vor Ort rundete das Auszeichnungsprogramm ab.

Oberbürgermeisterin Karin Welge gratulierte zur Auszeichnung: "Ich freue mich, dass der Industriewald Rheinelbe ein so wertvoller Ort für die Kinder im Gelsenkirchener Süden geworden ist, für so viele Kita- und auch Grundschulkinder, ob aus der Kita Leithestraße oder anderen Einrichtungen. Weil sie hier, mitten in der Stadt, den Wald und die Natur erleben und dabei viele Erfahrungen machen können,die ihnen beim Aufwachsen helfen und sie vielleicht fürs Leben prägen!"

Projekthintergrund des Industriewaldes Rheinelbe

1996 startete das heutige Industriewaldprojekt (erst „Restflächenprojekt“ genannt) im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscherpark mit dem Ziel, den Strukturwandel auch als Chance zu nutzen und Industriebrachen des Ruhrgebiets durch natürliche Sukzession hin zu Wald und biologisch vielfältigen und wertvollen Lebensräumen für Flora und Fauna wie auch für die Menschen vor Ort zu entwickeln.

Das Herzstück des Industriewaldprojektes ist der Industriewald Rheinelbe mit der gleichnamigen Forststation auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Rheinelbe südlich des Gelsenkirchener Stadtzentrums.

Während das Spielen im ortsnahen Wäldchen für die heutigen Eltern- und Großelterngenerationen selbstverständlich war, stellt sich der Alltag vieler Kinder heute im Zuge zunehmender Urbanisierung, Digitalisierung, Technisierung und Ganztagsschule ganz anders dar. Im urbanen Raum stehen den Menschen immer weniger Freiräume zur Verfügung. So findet das Spielen von Kindern häufig drinnen statt.

Die auch daraus resultierende zunehmende Naturentfremdung steht dem angeborenen Grundbedürfnis nach Naturerfahrung gegenüber. „Dieser Naturentfremdung zu begegnen ist jede Anstrengung wert.“ so der Laudator der UN-Dekade Ulrich Dohle, der den weiten Weg aus Mecklenburg- Vorpommern nach Gelsenkirchen zur Auszeichnung angereist ist.

Denn das freie Spiel in der Natur, das Entdecken und mit allen Sinnen begreifen, das Toben, Klettern und Bauen, das sich ausprobieren können, sind für eine gesunde kindliche Entwicklung unersetzlich wichtig. Naturerfahrungen fördern die Phantasie und Kreativität, die Sozialkompetenz, die Konzentrationsfähigkeit sowie die motorischen Fähigkeiten. Sie leisten zudem nachweislich einen erheblichen Beitrag zur Sprachförderung und Integration. Wirken manchmal geradezu therapeutisch, so auch bei Kindern mit Flüchtlingsbiografie.                            

Forstamtsleiter Peter Bergen dazu in seiner Begrüßung: „…das Ruhrgebiet zeichnet seine dichte Besiedlung aus, seine Menschen, und nun setzt das Besondere an diesem Projekt ein: Natur und Mensch werden auf engem Raum zusammengebracht: Die alten, vormals unzugänglichen Flächen werden geöffnet, seine Nachbarn sollen sie sich „aneignen“ dürfen, ihre spezifischen Bedürfnisse nach wildem Grün in der grauen Stadt erfüllen, Kunst als Vermittlerin zwischen Industrie und Freiraum erleben.“

Es war zukunftsorientiert, dass sich bereits vor über 20 Jahren die gesellschaftlichen Institutionen, die im Elementar- und primärpädagogischen Bereich für die Bildung und Erziehung von Kindern verantwortlich waren, gemeinsam mit der Forstverwaltung und weiteren Partnern wie dem Umweltministerium und der NRW Urban auf den Weg gemacht haben, Waldbesuche zu verstetigen und Naturerfahrungen in den Kita- und Schulalltag zu integrieren.

„Allein das schon eine tolle Idee: Natur Natur sein lassen, zu sehen, wie Wildnis aus zweiter Hand im verdichteten Raum wächst und sich Hotspots der Biodiversität in diesem Umfeld entwickeln. Übertragen wurde das Projekt der Landesforstverwaltung, neue Wege um den Wald im Ballungsraum zu beschreiten. So entstand die Forststation Rheinelbe auf dem Standort der Zeche Rheinelbe“. So Peter Bergen zur Geburtsstunde des Projektes.

Was vor fast 25 Jahren als Kooperation zwischen der städtischen Kindertagesstätte Leithestraße in Gelsenkirchen und der Forststation Rheinelbe begann, ist heute eine bundesweit bekannte Erfolgsgeschichte mit Vorbildfunktion, die viele Nachahmer gefunden hat.

Eine Schlüsselrolle haben die Mitarbeitenden der Forststation Rheinelbe, Oliver Balke und Christian Frank.  Allen voran Oliver Balke, der nahezu seit Projektbeginn dabei ist und dem Industriewald Rheinelbe „ein Gesicht gegeben“ hat.

Eckhard Uhlenberg, 2009 Umweltminister des Landes Nordrhein-Westfalen, wünschte sich damals: „Möge dieses Beispiel „Schule“ machen“. Das Beispiel hat Schule gemacht.

In der Schwerpunktaufgabe Urbane Wälder des Regionalforstamtes Ruhrgebiet von Wald und Holz NRW sind im Geschäftsfeld Umweltbildung heute sechs Forstleute (fünf Forstmänner und eine Forstfrau) mit unterschiedlichen Stellenanteilen beschäftigt.               

Dohle weist auch auf das Potential und gleichzeitig den Bedarf im Bereich der Umweltbildung hin: „Aber es ist auch noch viel Luft nach oben.“ Denn absolut sei dies im Ruhrgebiet weniger als ein Förster bzw. eine Försterin pro 1 Millionen Einwohner: „Ich habe großen Respekt vor dem, was sie hier leisten. Sie sind für mich echte Waldhelden, die zeigen, wie breit und mit welcher gesellschaftlichen Relevanz das Berufsbild von uns Forstleuten mittlerweile aufgestellt ist. Weg von reinen Holzknechten hin zu umfassenden Waldhütern und Umweltbildnern/innen. Denn und in diesem Zusammenhang möchte ich Ihre Kollegin Kirstin Nieland zitieren: „Nachhaltigkeit fängt neben der Pflanzenauswahl bei der Bestandsbegründung vor allem in den Köpfen der Menschen an. Daher ist die Umweltbildung unserer Kinder und der nachfolgenden Generationen nicht nur eine unserer wichtigsten Zukunftsaufgaben, sondern auch gleichzeitig eine unserer größten gesellschaftlichen Herausforderungen.“

Auf Rheinelbe hat die Zukunft schon begonnen.


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