Europaweites Naturerbe im NRW-Wald
Wald und Holz NRW schließt EU-Projekt Tuff-LIFE erfolgreich ab
Wald und Holz NRW schließt Naturschutzprojekt „Tuff-LIFE“ im Regionalforstamt Hochstift nach sechs Jahren erfolgreich ab. Ziel des Projekts war die Renaturierung besonders artenreicher Kalktuffquellen und ihrer anschließenden Bachoberläufe.
Schützenswerter Lebensraum
Wenn durch kalkhaltiges Gestein frisches, kühles Quellwasser an die Erdoberfläche tritt, bilden sich besonders eindrucksvolle Formationen aus Kalktuff, Sinterstufen und -terrassen aus Kalkgestein im Verlauf des entstehenden/anschließenden Baches aus. Diese Quellen und Bäche bieten vielen sehr seltenen und schützenswerten Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen einen Lebensraum. Der besondere Charakter dieses Biotops ist zudem durch das Starknervmoos geprägt.
Und so widmete sich das EU-geförderte Projekt „Tuff-LIFE“ beinahe sechs ganze Jahre der Renaturierung von besonders artenreichen Kalktuffquellen und anschließenden Bachoberläufen in den Wäldern der Kreise Höxter und Paderborn.
Bei der Abschlussveranstaltung am 13. Mai 2024 im Waldinformationszentrum Hammerhof blickten die Projektpartner würdigend wie kritisch auf über 70 durchgeführte Einzelmaßnahmen zurück. Das gemeinsame Hauptziel war die Verbesserung der Lebensraumbedingungen für die beiden Leitarten im Projekt: Feuersalamander und Gestreifte Quelljungfer.
„Ungestört und frei von Beeinträchtigungen fließende Kalktuffquellen, daraus entstehende Gerinne und anschließende Bäche sind äußerst wertvoll für die ökologische Infrastruktur in unseren Wäldern“, sagt Robert Behnke, Projektleiter des Tuff-LIFE Projekts im Regionalforstamt Hochstift. „Sie beherbergen viele Mikroorganismen und eine hohe Artenvielfalt, die auf das reine, schadstofffreie Wasser dieser Fließgewässer und eine hohe Sauerstoffverfügbarkeit angewiesen sind. Für spezialisierte Arten wie den Feuersalamander und die Gestreifte Quelljungfer, die hier vorkommen, brauchen wir intakte Habitate, die möglichst gut miteinander vernetzt sind. Dieses Ziel haben wir im Tuff-LIFE Projekt beharrlich verfolgt und erreicht“, so Behnke weiter.
So wurden unter anderem zu enge Durchlassrohre durch größere ausgetauscht und ein lebensraumtypisches Bachbett gestaltet. Alte Wehre und Schachtbauwerke wurden entfernt und andere lebensraumzerschneidende Linien wie Forstwege mit inneliegenden Verrohrungen zurückgebaut. Siewurden durch den Bau von Furten – also zu Fuß, per Rad oder Fahrzeug zu überquerende Flachstellen – überbrückt. So können all seine Bewohner, wie zum Beispiel die Larven des Feuersalamanders, das Gewässer wieder an der Oberfläche durchwandern. Das verbessert die Lebensraumbedingungen für den Feuersalamander und seine Larven enorm.
„Das wir mit dem Tuff-Life Projekt so viel für die Verbesserung und damit auch den Schutz dieser europaweit bedeutenden Lebensräume erreichen konnten, verdanken wir dem herausragenden Engagement der Projektleitung und der hervorragenden Zusammenarbeit aller beteiligten Partner, darunter die Biologischen Stationen der Kreise Höxter und Paderborn, die beteiligten Kreisbehörden, Planungsbüros und Dr. Jan Sliva als technischen Projektbegleiter. Wir freuen uns bei weiteren Naturschutzprojekten an die Zusammenarbeit mit den vielen unterschiedlichen Akteuren anzuknüpfen,“ sagt der Leiter des Regionalforstamtes Hochstift Roland Schockemöhle.
"Diese Projektüberwachung war ein kleines Abenteuer", sagt Dr. Jan Sliva, der technische Monitoringexperte der ELMEN EEIG Gruppe im Auftrag der Europäischen Kommission. "Das Projekt hatte oft mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten wie Einschränkungen aufgrund der Coronapandemie, steil steigenden Kosten oder einem temporären Mangel an spezialisierten Baunternehmen zu kämpfen. Einige andere Projekte hätten vielleicht das Handtuch geworfen. Dem ganzen Projektteam, insbesondere dem Projektleiter Herrn Behnke, gebührt ein großes Lob, dass sie trotz der schwierigen Phasen durchgehalten haben. Dank ihres Engagements konnte das Tuff-LIFE-Projekt mit solch vorzeigbaren Ergebnissen abgeschlossen werden."
Rund 80 Prozent der landesweit vorkommenden Kalktuffquellen liegen in der Region Hochstift, innerhalb des Projektgebietes sind 82 der speziellen Kalktuffquellen dokumentiert. Die Quellen sind umgeben von wertvollen Erlen-Eschen-Auwäldern und Schlucht- und Hangmischwaldstrukturen. Diese Lebensräume sind europaweit gefährdet und geschützt, deshalb ist es so wichtig sie zu fördern, zu verbessern und langfristig zu schützen.
Bsal – Gefahr für den Feuersalamander
Der Feuersalamander fühlt sich in genau diesen Wald-Wasser-Lebensräumen ausgesprochen wohl. Deshalb leben in der Region Hochstift aktuell vergleichsweise viele Exemplare. Leider wird die Art durch den Bsal-Hautpilz bedroht, der vorwiegend Schwanzlurche befällt und rasch zu deren Tod führt. Die Renaturierung der Kalktuffquellen und Bäche für
die Erhaltung der lokalen, noch sehr zahlreichen Feuersalamander-Vorkommen gewinnt vor diesem Hintergrund, des erstmals 2015 in der Eifel und mittlerweile bereits an 50 Standorten in NRW nachgewiesenen Bsal-Erregers zusätzlich an Bedeutung.
Erst kennen, dann schützen
Für einen langfristig erfolgreichen Schutz der biologischen Vielfalt in unseren Wäldern, müssen die Menschen diese Vielfalt und ihren Wert kennen. Deshalb war die Öffentlichkeitsarbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Tuff-LIFE Projekt ein wesentlicher und vielgestaltiger Bestandteil: Umweltbildungsveranstaltung, Konferenzen, Vorträge, Workshops, Fortbildungen, Exkursionen, Flyer, Poster, Bücher und Infotafeln sollten Menschen für diesen faszinierenden Lebensraum „aus Wasser und Kalk“ begeistern.