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Förderung für
den Waldbesitz

Orkan Kyrill und seine Folgen

in Nordrhein-Westfalen

In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar 2007 hat der Orkan "Kyrill" mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 225 Kilometer pro Stunde in Alpen und 137 Km/h auf dem Kahlen Asten auch Nordrhein-Westfalen getroffen. Es war der stärkste Orkan in Deutschland seit "Lothar" im Dezember 1999. "Kyrill" führte insbesondere zu großflächiger Waldvernichtung. In Deutschland waren 11 Todesopfer zu beklagen, davon allein 6 in Nordrhein-Westfalen. Den volkswirtschaftlichen Schaden in Deutschland bezifferte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft auf 2,4 Milliarden Euro.

Schadensschwerpunkt in NRW war die Region Südwestfalen. Sofort nach dem Orkan startete ein umfassendes Hilfsprogramm. Obwohl sich in der Zwischenzeit überall wieder Bäume wachsen ist es weiterhin eine große Aufgabe, diese jungen Wälder hin zu klimastabilen Mischwäldern zu entwickeln.

Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Fakten rund um Kyrill in NRW. 

Welche Schäden hat Kyrill verursacht?

Kyrill hat materielle, aber noch größere immaterielle Schäden angerichtet. In Nordrhein-Westfalen sind finanzielle Schäden von schätzungsweise 505 Mio. € an der Infrastruktur und 1,5 Mrd. € im Wald entstanden. Der Gesamtschaden betrug in Deutschland ca. 4,7 Mrd. €. Die Schadensfläche in den Wäldern Nordrhein-Westfalens ist etwa 50.000 Hektar groß. Davon sind rund 30.500 Hektar größere Windwurfflächen. Mit über 72 % Anteil an den geschädigten Flächen war der Privatwald am stärksten betroffen. Kyrill hat ca. 25 Millionen Bäume (überwiegend Fichten) entwurzelt oder abgeknickt. Durch den Sturm sind insgesamt 15,7 Mio. Festmeter Holz angefallen. Das entspricht etwa dem Dreifachen des durchschnittlichen Jahreseinschlags in Nordrhein-Westfalen.

Gab es Unfälle oder Personenschäden bei der Aufarbeitung der Schäden?

Bezogen auf die enormen Sturmholzmengen und die sehr gefährlichen Arbeiten sind relativ wenige Unfälle passiert. Wegen der stärkeren Mechanisierung und Professionalisierung der Holzernte sind die Unfallzahlen im Vergleich zu früheren Sturmereignissen gesunken. Dennoch sind in Nordrhein-Westfalen sechs Menschen bei der Holzaufarbeitung tödlich verunglückt; mehr als 150 Menschen wurden verletzt.

Welche Folgen hatte Kyrill für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer?

Für viele war der Orkan ein traumatisches Erlebnis. Einige leiden bis heute an den Folgen. Gestandene Forstleute und Waldbesitzende konnten ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, weil in wenigen Stunden zerstört wurde, was über Generationen aufgebaut und gepflegt wurde. Kyrill hatte die Bäume so wild durcheinander geworfen, dass häufig gar nicht mehr herauszufinden war, zu welcher Parzelle und zu welchem Eigentümer ein umgestürzter Baum gehörte. Der sonst übliche Holzverkauf, bei dem Waldbesitzende das Holz ihrer Waldparzelle vermarkten, war häufig nicht mehr möglich. Daher entschlossen sich einige Waldbesitzende die Risiken gleichmäßig auf alle zu verteilen und bildeten sogenannte Solidargemeinschaften. Diese kauften das Holz der Mitglieder und vermarkteten es weiter. Nach Abschluss der gesamten Holzaufarbeitung und -vermarktung teilten sich die Waldbesitzenden den Erlös anteilig. Die Solidargemeinschaften der Waldbesitzenden haben geholfen, die Folgen von Kyrill besser zu bewältigen. Schon während, aber auch nach der Katastrophenbewältigung zeigten sich viele Akteure dazu bereit, auch langfristig enger zusammenzuarbeiten und ihre Strukturen zu professionalisieren.

Wie sehen die betroffenen Flächen 15 Jahre nach Kyrill aus?

Vor dem Sturm betrug der Laubholzanteil auf den Kyrill-Flächen ca. 7 %, der des Nadelholzes 93 %. 2015 hat sich die Baumartenverteilung zugunsten des Laubholzes verändert, sodass auf den Flächen momentan 47 % Laubholz und 53 % Nadelholz wachsen. Zum überwiegenden Teil wurden die Kyrillflächen aktiv aufgeforstet. Teilweise wurden sie aber auch der natürlichen Entwicklung überlassen. Nach einer aktuellen Untersuchung auf Stichprobenflächen sind rund 98 % der Kyrillflächen wiederbewaldet. Das Ziel ist ein stabiler, strukturreicher, klimaplastischer und produktiver Wald. Im Konzept zur Wiederbewaldung von Orkanflächen in NRW wurden neben den waldbaulichen und wirtschaftlichen Aspekten auch die Herausforderungen des Klimawandels berücksichtigt. Das Konzept diente den Waldbesitzenden als Orientierungshilfe und Handlungsempfehlung bei der Wiederaufforstung der Kyrillflächen.

Die Naturverjüngung langlebiger Wirtschafts- und Pionierbaumarten bedingt eine artenreiche Mischung. Die Baumartenvielfalt ist wichtig, um die Biodiversität in unseren Wäldern zu erhöhen. Nach 10 Jahren befinden sich die meisten ehemaligen Kyrillflächen im Übergang von der „Wiederbewaldungsphase“ zur aktiven „Pflegephase“, in der die langlebigen Wirtschaftsbaumarten wie Buche und Douglasie zunehmend wichtiger werden.

2018 bzw. 2020 wurden mit dem Waldbaukonzept bzw. dem Wiederbewaldungskonzept die Empfehlungen zur Waldpflege des Landes für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer grundlegend aktualisiert.

Wie wurde die Bewältigung der Sturmfolgen öffentlich gefördert?

Nach Kyrill wurden u.a. Wegebau-, Flächenräumungs- und Forstschutzmaßnahmen sowie die Aufforstung von Mischkulturen aus Laub- und Nadelhölzern über die Förderrichtlinie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Die betroffenen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer wurden auch durch den Bund und die Europäische Union unterstützt. Bewilligt wurden Finanzhilfen für Nothilfe-, Reparatur- und Aufräumarbeiten. Mit Hilfe zinsgünstiger Kredite konnten die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer die Aufbereitung des Sturmholzes finanzieren. Insgesamt wurden Kredite aus den Sonderkreditprogrammen in Höhe von knapp 65. Mio. € in Anspruch genommen. 19,6 Millionen € hat das Land NRW über die Förderrichtlinie für die Wiederaufforstung der Kyrillflächen bereitgestellt. Insgesamt wurden über 27 Mio. Pflanzen gefördert. Dabei handelt es sich überwiegend um Laubholz und förderfähiges Nadelholz, wie z.B. Douglasie, Küstentanne, Weißtanne, Lärche und Schwarzkiefer. Insgesamt wurden etwa 3.300 Förderanträge aus dem Privat- und Kommunalwald bewilligt.

Aufräumen nach dem Sturm – wie wurde die Mammutaufgabe gelöst?

Bis Ende 2007 wurden ca. 7,5 Mio. Festmeter Sturmholz aus dem Wald abgefahren. Bereits im Frühjahr 2008, ein Vierteljahr früher als geplant, war die Aufarbeitung bis auf vergleichsweise wenige Restmengen abgeschlossen. Um diese Herausforderung zu stemmen, hat Wald und Holz NRW zusätzlich 114 Kyrill-Helferinnen und -Helfer mobilisiert. Insgesamt sind 102.500 Überstunden angefallen.

Leider hat Kyrill nicht nur den Wald über seine Grenzen belastet, sondern auch die Menschen, die mitgeholfen haben, Ordnung in das Chaos zu bringen. 

Um das Holz aus dem Wald zu schaffen, wurden alte Wege für LKWs befahrbar gemacht, Sonderregelungen für die Holzabfuhr geschaffen und zusätzliche Verladebahnhöfe mit der Deutschen Bahn eingerichtet. Mit der raschen Aufarbeitung und dem Transport des Sturmholzes war die Gefahr großer Insektenschäden für die Wälder und das Holz aber nicht gebannt. Denn die heimischen Sägewerke konnten das Holz nicht so schnell verarbeiten, wie es geliefert wurde. Die Lösung boten Trocken-, Folien- und Nasslagerplätze als Zwischenlager.

Wie sieht das Krisenmanagement bei Wald und Holz NRW nach den Erfahrungen durch Kyrill aus?

Seit Kyrill ist Wald und Holz NRW in Krisenfällen, z.B. Sturm oder Waldbrand, rund um die Uhr erreichbar. Das „Handbuch Sturm“ regelt auch überregional, wer verantwortlich ist und wie vorgegangen wird. Der Krisenstab wird regelmäßig geschult, um im Krisenfall sofort richtig zu reagieren. Für den Waldbesitz wurde das Faltblatt „Sturmkatastrophe“ erstellt, das mit hilfreichen Tipps der ersten Orientierung nach einem Sturmschaden dient. Außerdem wurde mit PuMa (Prävention und Management Forstlicher Katastrophen) eine länderübergreifende Zusammenarbeit geschaffen, bei der Erfahrungen, Informationen und Handlungsempfehlungen über den Umgang mit Krisenfällen ausgetauscht werden.

Ist der Wald heute durch die Beachtung von Klimaschutzaspekten bei der Wiederbewaldung besser gegen Sturm geschützt?

Bei der Erstellung des Wiederbewaldungskonzeptes nach Kyrill spielten Klimaschutzaspekte eine wichtige Rolle. Viele Waldbesitzende praktizieren bereits naturnahen Waldbau, bei dem natürliche Abläufe berücksichtigt werden. Wir gehen davon aus, dass naturnahe artenreiche Wälder mit unterschiedlich alten und unterschiedlich großen Bäumen besser mit den Herausforderungen des Klimawandels zurechtkommen werden. Dafür werden natürliche Waldentwicklungen optimal in die forstliche Arbeit integriert. Kyrill hat gezeigt, dass eine Krise auch eine Chance sein kann, um für die Zukunft besser gerüstet zu sein.

Welche Auswirkungen hat Kyrill auf Wildbestände?

Durch das gewachsene Deckungs- und Nahrungsangebot auf den Kyrillflächen hat sich die lokale Reh-, Rotwild- und Wildschweinpopulation teilweise deutlich vermehrt. Das kann zu Problemen bei der Wiederbewaldung führen, denn das Wild frisst besonders gern die Knospen der jung heranwachsenden Bäume. Wald und Holz NRW unterstützt insbesondere mit regemäßigen Verbissgutachten Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer dabei gemeinsam mit Jägerinnen und Jägern waldverträgliche Wildbestände zu erhalten bzw. herzustellen.

Weitere Informationen

Waldbaukonzept NRW

Wiederbewaldungskonzept NRW

 

Im Rahmen der Berichterstattung zu Kyrill, stehen die Bilder unter Angabe der Quelle zur freien Verfügung.

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Waldbaukonzept NRW

Wiederbewaldungskonzept NRW

 

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