Zustand des Waldes: Wie es ihm geht, verraten die Bäume
Experten begutachten Baumkronen im NRW-Wald
Ab dem 20. Juli 2024 sind wieder speziell geschulte Zweier-Teams von Wald und Holz NRW in den Wäldern Nordrhein-Westfalens unterwegs und sammeln Daten, die uns viel über den Zustand unserer Wälder offenbaren.
Die systematisch gesammelten Daten erfassen den Zustand von rund 10.000 Bäumen im Wald. Aus diesen Daten wird bis zum Jahresende dann der Waldzustandsbericht erstellt. Er beantwortet die Frage, wie es unserem Wald geht. Wie das funktioniert und welche Daten dafür in den kommenden Wochen erfasst werden, erklären zwei Experten von Wald und Holz NRW.
Was die Krone über den Baum verrät
„Um herauszufinden, wie es dem Wald geht, fragt man am besten die Bäume,“ sagt Kay Genau, Experte für Waldinventuren im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft. „Jeder Baum ist ein Individuum. Betrachtet man ihn sehr genau von allen Seiten, erfährt man eine Menge über seinen aktuellen Gesundheitszustand“, erklärt Kay Genau.
Zusammen mit seinem Kollegen Michael Drews geht er systematisch vor. Denn das Ziel ist es, eine möglichst objektive Einschätzung darüber zu erhalten, wie es dem Wald in ganz NRW geht. Und der sieht bei Weitem nicht überall gleich aus. Form, Farbe, Fülle, Anzahl und Größe der Blätter oder Nadeln spielen eine entscheidende Rolle bei der Frage, wie es dem Baum und damit auch dem Wald geht.
Die Experten betrachten besonders den oberen Teil der Krone, der dem Himmel am nächsten ist. Man nennt diesen Teil auch die Lichtkrone. Weil die sehr weit oben sein kann, nutzen sie dabei ein Fernglas, um auch Details erkennen zu können. Dann geben sie eine Wertung in Prozent ab: Null Prozent Vitalitätsverlust heißt, dieser Baum ist zu 100 Prozent gesund und fit. Ist er das nicht, gehen die Experten auf der Bewertungsskala in Fünfprozent-Schritten hoch. Daneben notieren sie alle erkennbaren Schäden oder Hinweise auf einen verschlechterten Gesundheitszustand am Baum. Das können zum Beispiel Wunden, Wucherungen oder andere Veränderungen an Ästen, Stamm oder Rinde sein. Die Experten erkennen, ob es sich um eine mechanische Verletzung des Baumes handelt oder ob der Baum einen Befall von schädlichen Insekten, Pilzen oder Bakterien anzeigt.
Vier-Augen-Prinzip
„Wir erheben die Daten im Wald ganz bewusst zu zweit. Das Vier-Augen-Prinzip verringert die Gefahr, etwas zu übersehen oder falsch einzuschätzen. Das ist wichtig, damit wir am Ende ein möglichst klares Bild davon erhalten, wie es unserem Wald in NRW geht“, sagt Michael Drews vom Team Waldinventuren im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft.
So begutachten mehrere Teams innerhalb der nächsten sechs Wochen insgesamt mehr als 10.000 einzelne Bäume im Wald. Die Teams sind verteilt über ganz Nordrhein-Westfalen unterwegs. Mit etwas Glück kann man sie im Wald entdecken und bei ihrer Arbeit beobachten.
Jedes Team steuert dabei mehrere festgelegte Punkte im Wald an. Die Punkte wurden vorher systematisch über die Waldfläche verteilt festgelegt: Die sogenannten Stichprobenpunkte. An jedem Stichprobenpunkt begutachten die Teams jeweils 25 Bäume.
40 Jahre Waldzustandserhebung
Die sogenannte Waldzustandserhebung gibt es seit 1984. Jedes Jahr um die gleiche Jahreszeit sammeln Expertinnen und Experten im Wald gezielt Daten über den aktuellen Zustand des Waldes, indem sie die Krone von mehreren tausend Bäumen ganz genau begutachten. Das tun sie seit 40 Jahren eben genauso. Deshalb ist inzwischen aus wissenschaftlicher Sicht eine sehr wertvolle, lange Zeitreihe entstanden, innerhalb derer die Daten der einzelnen Jahre miteinander vergleichbar sind. Aus diesen Daten wird dann der Waldzustandsbericht erstellt, der die Ergebnisse in Grafiken darstellt, erklärt, zusammenfasst und einordnet.