Borkenkäfer im Fichtenwald
Schädling, Waldökologe und Landschaftsgestalter
Obwohl nur millimetergroß bringen Borkenkäfer im Gemeinschaftsangriff auch stattliche Fichten großflächig zum Absterben. Sie sind im Stande ganze Landschaftsbilder in kürzester Zeit zu verändern. Statt tief tannengrüner Forste entstehen vor dem grünen Wald mahnend bräunlich-rote Baumgerippe.
Im Wirtschaftswald fällen Forstwirtinnen und Forstwirte solche dem Tod geweihten, virulenten Bäume so schnell wie möglich, um alle Bäume zu retten, die noch gesund sind. In andauernd trocken-heißen Sommern entwickeln Borkenkäfer enormes Aggressionspotential durch massenhafte Vermehrung. Damit lösen sie neben Verlusten bei Erholungs- und Schutzwirkungen des Waldes massive Ertragsverluste für private und öffentliche Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer aus. Der Schaden erwächst ihnen aus den drei Teilen geminderte Holzqualität, verfallende Holzpreise und kompliziertere Wiederbepflanzung. So gibt es für befallenes Holz generell einen Abschlag von 30 %, bei Überangebot fällt das Preisniveau schnell um 50 % und die Pflanzungen werden teurer und pflegeintensiver.
Ökologisch haben Borkenkäfer aber durchaus ihre Berechtigung, den Begriff 'Schädling' kennt die Natur nicht. So sorgen Borkenkäfer dafür, dass kränkliche Bäume Platz machen für gesunde; sie sorgen dafür, dass lichtbedürftige Pionier-Arten große Freiflächen finden und sie sorgen dafür, dass Fichten nur dort vorkommen, wo sie dauerhaft große Fitness entwickeln können.
Wald und Holz NRW überwacht für Sie den Schwärmflug für die Fichtenborkenkäfer Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) in der Zeit von März/April bis Oktober sowie deren Befall stehender Bäume in Nordrhein-Westfalen um für besondere Gefahrensituationen zu sensibilisieren und das Erkennen und Bekämpfen der Ausbreitung zu unterstützen. Der zeitliche Handlungsspielraum für das Bekämpfen richtet sich grundsätzlich danach, welche Entwicklungsstadien in den befallenen Bäumen zu finden sind. In der Karte sind die Ergebnisse der landesweit standardisierten Erhebungen visualisiert.
Die Karte ist nach den Höhenlagen, in acht unterschiedliche Bereiche gegliedert mit jeweils mindestens zwei Fallenstandorten. Wenn der Befall an einem Fallenstandort die Gefahrenschwelle (=Rotfärbung) übersteigt, wird die ganze Region entsprechend eingestuft. Die Einfärbung der einzelnen Fallenstandorte stellt die dort zuletzt festgestellte Situation dar.
Legende: grün = geringe Gefahr; gelb = Vorwarnstufe; rot = Gefahrenstufe - hier ist mit Stehendbefall völlig gesunder Fichten zu rechnen; rot + Schraffur der Region in der Karte = festgestellter frischer Stehendbefall
Das Borkenkäfer-Monitoring wird an dieser Stelle seit April 2022 nicht mehr gepflegt. Um das aktuelle Borkenkäfer-Monitoring aufzurufen oder zu pflegen, besuchen Sie bitte folgende externe Seite: https://borkenkaefer.nrw.de/.
Die effektive Bekämpfung von Borkenkäfer-Schäden und -Ausbreitung beginnt mit frühzeitigem Erkennen und Bekämpfen.
Während der gesamten Flugzeit der Käfer im Jahresverlauf müssen regelmäßige Kontrollen durchgeführt werden. Hierzu sollten Betroffene im zweiwöchigen Turnus kontrollieren und befallene Bäume zur Aufarbeitung markieren.
Einen befallenen Baum erkennt man an mehreren Merkmalen:
1. Auswurf von braunen Bohrmehlhäufchen
Beim Einbohren unter die Rinde sowie bei der Anlage der Brutgänge werfen die Käfer braunes Bohrmehl aus. Dieses Bohrmehl verbleibt auf der Rinde oder sammelt sich am Stammfuß, zum Beispiel in Spinnennetzen. Dieses Merkmal deutet i.d.R. also auf einen frischen Befall hin. Es kann an stehenden Bäumen und auch an liegendem Holz während der gesamten Vegetationsperiode beobachtet werden. Regen oder starker Wind verwischt allerdings dieses Symptom. Die Kontrolle ist dann aufzuschieben.
2. Einbohrlöcher und Harztrichter
Diese entstehen bei Einbohrversuchen der Käfer in die Rinde. Bei extremer Trockenheit, wie 2018, kann es sein, dass die Bäume wegen Wassermangel keine Harztrichter ausbilden.
3. Rindenspiegel
Spechte schlagen bei ihrer Suche nach Larven und Käfern einzelne Borkenschuppen ab, wodurch helle Flecken, sogenannte Rindenspiegel, auf der Rinde entstehen.
4. Fahlgrünes Erscheinungsbild und Rötung der Nadeln
Dieses Symptom tritt vor allem im Frühjahr auf. Beim Kupferstecher verläuft die Verfärbung der Nadeln von der Kronenspitze abwärts. Es können aber auch nur einzelne Äste betroffen sein, in Kulturen aber auch häufig die gesamte Pflanze. Beim Buchdrucker verläuft die Verfärbung in der Regel vom Kronenansatz aufsteigend.
5. Abfall grüner Nadeln
Dieses Symptom tritt vor allem im Sommer und Herbst auf. Die Bäume lassen massenhaft ihre grünen Nadeln fallen, sie überdecken den Waldboden mit seinen Moosen und Gräsern und bilden regelrechte "Nadelteppiche".
6. Abfall größerer Rindenstücke, abgestorbene Krone
Bei Auftreten dieses Merkmals sind die für das Absterben des Baumes verantwortlichen Käfer in der Regel schon ausgeschwärmt und haben sich an anderen Bäumen eingebohrt. Hier ist eine gründliche Kontrolle des umstehenden Bestandes auf braunes Bohrmehl und Einbohrlöcher erforderlich!
Besonders von einem Neubefall gefährdet sind Waldflächen, die
- die ihren gewachsenen Waldrand verloren haben, sogenannte "angerissene" Bestände;
- die südlich exponiert liegen;
- die sich über Kuppen ziehen;
- die bereits Befall aufwiesen sowie
- Waldflächen, die im Umfeld von Sturmwürfen und -brüchen liegen.
Diese Bereiche sollten vorrangig und besonders intensiv kontrolliert werden.
Wichtig: Aufgrund des hohen Vermehrungspotenzials kann das Übersehen eines Käferbaumes zum Befall von mehr als 20 weiteren Bäumen in der direkten Folgegeneration führen!
Über die Schwärmaktivität informiert das Borkenkäfer-Monitoring von Wald und Holz NRW (siehe "Beobachten).
Weitere Informationen
Pressekontakt
Grundlage einer erfolgreichen Borkenkäferbekämpfung ist die gründliche Kontrolle aller Bestände auf Befall. Die Bekämpfungsmaßnahmen richten sich im Wesentlichen nach Aktivität und Entwicklungsstadium der Borkenkäfer und damit der Jahreszeit.
Eine monatsscharfe Übersicht aller Bekämpfungsoptionen findet sich in der "Kreuzchenliste".
Wichtig: Bäume mit abgefallener Rinde stellen im Hinblick auf die Borkenkäfer keine Gefahr mehr für den umliegenden Bestand dar. Die Aufarbeitung sollte sich vorrangig auf die umliegenden neu befallenen Bäume konzentrieren!
Im Spätherbst und Winter
Ziel der Bekämpfungsmaßnahmen im Winterhalbjahr ist das Abschöpfen der in der Baumrinde überwinternden Käfer. Damit wird der Befallsdruck im Frühjahr verringert. Das Übersehen eines Käferbaumes kann zum Befall von mehr als 20 weiteren Bäumen in der direkten Folgegeneration führen und von mehr als 400 Bäumen bei drei Generationen - also innerhalb eines Jahres. Der Aufwand lohnt sich.
Befallene Bäume müssen gefällt ("eingeschlagen") werden. Der Einschlag kann - im Normalfall - in den regulären Holzeinschlag eingebaut werden. Wichtig ist, das eingeschlagene Holz vor Schwärmbeginn abzufahren oder in anderer Weise unschädlich zu machen. Grundsätzlich ist es daher im Rahmen der "sauberen Waldwirtschaft" sinnvoll, befallene Fichten - und Nadelholz allgemein - im Herbst oder der ersten Winterhälfte zu fällen. Dann steht mehr Zeit für die Abfuhr zur Verfügung und die Gefahr, dass aus "vergessenen" Poltern im Frühjahr eine Gefahr für die umliegenden Bestände erwächst, wird verringert. Ist eine Abfuhr nicht möglich müssen andere Maßnahmen ergriffen werden. Alle Bekämpfungsoptionen sind in folgender Übersicht dargestellt.
- Erkennen durch Kontrolle
Die Bestände sind auf Symptome eines Borkenkäferbefalls hin zu überprüfen und für die Entnahme zu markieren. Im Spätherbst und Winter sind dies vor allem: Einbohrlöcher, Harztrichter, grüne Nadelteppiche am Boden, Spechtabschläge und schüttere Kronen (siehe Tab "Erkennen"). Von Fichten mit abgefallener Rinde geht keine Gefahr mehr aus. Die Borkenkäfer sind bereits in umliegende Bäume oder in den Boden abgewandert. Wenn Sägewerke und Holzeinschlagsunternehmen überlastet sind, sollten diese Bäume vorerst stehen bleiben. - Fällen der mit Borkenkäfern befallenen Fichten
Von Käfern befallene Bäume müssen gefällt ("eingeschlagen") werden. Erfolgt der Einschlag mit Harvester, wird durch den Druck der Vorschubwalzen bereits ein Teil der Käfer, Larven und Eier abgetötet. Diese Art der Aufarbeitung ist daher aus Sicht der Borkenkäferbekämpfung vorzuziehen. - Unmittelbare Abfuhr zum Kunden
Dies ist die kostengünstigste und einfachste Bekämpfungsmaßnahme. Sie ist auch aus rechtlicher Sicht immer voll auszunutzen. - Entrindung
Kann das Holz nicht vor Schwärmbeginn abgefahren werden, sollte die Rinde entfernt werden (Entrindung). Ziel ist dabei, die in der Rinde überwinternden Käfer abzuschöpfen. Die Entrindung kann maschinell mit einer speziellen Entrindungsmaschine oder mit einem speziell ausgerüsteten Harvesterkopf direkt bei der Aufarbeitung erfolgen. Außerdem kann natürlich per Hand mit Schäl- oder Loheisen entrindet werden.
Die Rinde muss zu Haufen aufgeschichtet und mit Folie abgedeckt werden. Die Käfer, Larven und Eier sterben durch die Wärmeentwicklung unter der Folie ab. Eine weitere Möglichkeit ist das kontrollierte Verbrennen der Rinde. Das Verbrennen ist genehmigungspflichtig und darf nur ausgeführt werden, wenn keine Waldbrandgefahr besteht. Das entrindete Holz kann - je nach Möglichkeit - im Bestand oder auf anderen Flächen, zum Beispiel am Waldweg, gelagert werden. - Vernichtung aller bruttauglichen Resthölzer
Bei jeder Holzerntemaßnahme fällt Holz an, das aus unterschiedlichen Gründen nicht verwertet werden kann. Äste ab 3 cm Durchmesser aus dem Herbst- bzw. Wintereinschlag können aber noch mit Borkenkäfern besetzt sein und im Frühjahr Ausgangspunkt neuen Befalls werden. Deshalb muss auch das nicht verwertbare Holz (Kronenrestholz, rotfaule Erdstammstücke, Kronenrestholz) für die Brut untauglich gemacht werden.
Von Dezember bis Februar kann dies durch Kleinschneiden des Holzes während der Holzernte erfolgen. Das Holz trocknet so leichter aus und ist in der Regel bis zum Schwärmbeginn brutuntauglich. Eine weitere Möglichkeit ist Häckseln und anschließende thermische Verwertung. Ist eine thermische Verwertung nicht möglich und sind bereits Jungkäfer unter der Rinde vorhanden muss das Häckselgut aufgehäuft und mit dunkler Folie überdeckt werden. Eine weitere Möglichkeit ist das kontrollierte Verbrennen. Das Verbrennen ist genehmigungspflichtig und darf nur ausgeführt werden, wenn keine Waldbrandgefahr besteht. - Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kann aus praktischen, rechtlichen und finanziellen Gründen immer nur das letzte Mittel der Borkenkäferbekämpfung darstellen. Zulässig ist nur die Behandlung liegenden Holzes. Sinnvoll ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Winter nur als Vor-Ausflug-Behandlung. Hierfür wird befallenes Holz kurz vor Schwärmbeginn mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Bei Kontakt sterben die sich ausbohrenden Käfer ab. Die Schwerpunktaufgabe Waldschutzmanagemt von Wald und Holz NRW informiert rechtzeitig über den richtigen Anwendungszeitpunkt.
Voraussetzung für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist der Nachweis der Sachkunde im Pflanzenschutz.
Bei der Anwendung sind Gesetze, Verorndungen, Auflagen und Anwendungsbestimmungen des jeweiligen Mittels zu beachten. Besondere Regelungen gelten in Schutzgebieten und eventuell durch Zertifizierung (zum Beispiel PEFC und FSC). Eine Übersicht über die zugelassenen Pflanzenschutzmittel und Anwendungshinweise finden sich hier. - Lagerung mindestens 500 m vom Waldrand entfernt
Durch Lagerung des Holzes in mindestens 500 m Entfernung zum nächsten Nadelholzbestand gilt ein Befall ausgehend von dem gelagerten Holz als unwahrscheinlich.
Im Frühjahr, vor Schwärmbeginn
Buchdrucker schwärmen in der Regel ab einer Temperatur von 16,5 °C. Idealerweise sollte dann das befallene Holz unschädlich gemacht oder abgefahren sein. Wenn Käfernester vor Abwanderung der Borkenkäfer in den Boden im Herbst vollständig aufgearbeitet wurden, geht auch von dort nur eine überschaubare Gefahr aus.
In Situationen, in denen Käfernester erst im Winter und Spätherbst aufgearbeitet werden konnten bzw. befallenes Holz nicht vor Schwärmbeginn abgefahren werden konnte, kann ein besonderes Vorgehen im Frühjahr unmittelbar vor Schwärmbeginn sinnvoll und notwendig sein.
Voraussetzung für ein Gelingen der Maßnahmen ist eine genaue zeitliche Abstimmung im Hinblick auf die Schwärmaktivität. Über die Schwärmaktivität informiert das Borkenkäfermonitoring von Wald und Holz NRW. Der richtige Zeitpunkt für die beschriebenen Maßnahmen wird in Info-Meldungen mitgeteilt (Registrierung: info@forstschutz.nrw.de).
Grundsätzlich können zwei Szenarien unterschieden werden. Die Maßnahmen umfassen nach Ausschöpfen aller mechanisch-biologischer Methoden auch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln als Ultima ratio (siehe auch: Übersicht zugelassene Pflanzenschutzmittel, Merkblatt Spritzapplikation. Voraussetzung für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist der Nachweis der Sachkunde im Pflanzenschutz.
Bei der Anwendung sind die Auflagen und Anwendungsbestimmungen zu beachten sowie eventuelle Vorgaben aus Zertifikaten für die Waldbewirtschaftung. Nicht zuletzt sind für die eventuelle Anwendung in Schutzgebieten immer auch die Schutzgebiets-eigenen Rechtsvorschriften zu beachten.
Szenario 1
Ausgangslage: Borkenkäfernest konnte im Winter nicht aufgearbeitet werden und/oder es stehen keine Arbeitskapazitäten für die Umsetzung der sehr zeitaufwändigen BoKä-Abschöpfung mittels Fangsystemen zur Verfügung
-> Siehe Maßnahmen innerhalb der Vegetationsperiode
Szenario 2a
Ausgangslage: Befallenes Holz wurde im Winter aufgearbeitet und lagert noch in Rinde im Wald. Es konnte bisher weder aus dem Wald abgefahren noch entrindet werden.
Ziel: Abschöpfen der in nicht entrindet gelagertem Holz überwinternden Käfer durch Behandlung mit Pflanzenschutzmitteln als "Vor-Ausflug-Behandlung".
Hierfür wird befallenes liegendes Holz kurz vor Schwärmbeginn mit Pflanzenschutzmitteln besprüht (Merkblatt Spritzapplikation) oder mit einem feinmaschigen Netz, abgedeckt, das mit Pflanzenschutzmittel (Merkblatt Storanet) versetzt ist. Bei Kontakt oder Fraß sterben die Käfer ab.
Szenario 2b
Ausgangslage ist ein Borkenkäferbefall, der im Winter aufgearbeitet wurde. Es ist davon auszugehen, dass Käfer im Boden oder in abgefallener Rinde überwintern.
Ziel ist das Abfangen und Abschöpfen der im Boden überwinternden Käfer mittels Fangsystemen.
Voraussetzung ist, dass ausreichend Arbeitskapazitäten für den Aufbau und die Kontrolle der Fangsysteme zur Verfügung stehen. Eine Gefahr bei den Fangsystemen besteht darin, dass Borkenkäfer sich durch die verwendeten Pheromone in gesunde Bestände locken lassen, dann aber das Ziel wechseln und die attraktiveren, echten Fichten ansteuern. Sinnvoll ist der Einsatz deshalb nur dort, wo trotz Aufarbeitung mit Käferbefall zu rechnen ist, also insbesondere dort wo Käfer erfolgreich in abgefallener Rinde oder in der Bodenstreu überwintert haben. Dies betrifft vor allem im Winter aufgearbeitete Käferlöcher. Dabei sind bestimmte Sicherheitsabstände zu den gesunden Beständen einzuhalten. Die Fangsysteme und auch die umliegenden Bestände müssen regelmäßig kontrolliert werden.
Methoden:
- Fangbäume
Funktionsweise: Frische Fichtenstämme werden mit Pheromon-Ampullen bestückt und in Abständen von 25-30 m entlang des Bestandesrandes abgelegt. Der Mindestabstand zum gesunden Bestand muss 6 m betragen, damit durch die Fangbäume kein Stehendbefall induziert wird. Sobald der Stamm mit Borkenkäfern besetzt ist, sollte er entweder mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden oder entrindet werden und die Rinde unschädlich gemacht werden. Wichtig: Der Stamm muss regelmäßig kontrolliert und bei Käferbesatz rechtzeitig entfernt werden. - Fangholzhaufen
Funktionsweise: Frisch (!) aufgearbeitete Kronenholzabschnitte werden tropfnass mit einer Spritzbrühe aus zugelassenen Pflanzenschutzmitteln behandelt und zu einem "Zelt" aufgestellt (siehe Bild). Die Abschnitte sollten frisch und ohne Feinreisig sein, 1,5 bis 2 m lang bei einem Durchmesser größer 10 cm sein und Aststummel von circa 20 cm aufweisen. Mehrere solcher Fangholzhaufen werden in einem Abstand von 25-30 m am Bestandesrand errichtet. Der Mindestabstand zum gesunden Bestand muss 6 m betragen, damit durch den Fangholzhaufen kein Befall des gesunden Bestandes eingeleitet wird. Die Fangholzhaufen werden mit Pheromon-Ampullen bestückt, die ebenfalls mit Pflanzenschutzmitteln behandelt müssen. Bei Kontakt oder Fraß an den behandelten Oberflächen sterben die Borkenkäfer ab. Fangholzhaufen können sowohl gegen Buchdrucker als auch gegen Kupferstecher angewendet werden. Da es beim Einsatz von Fangholzhaufen leicht zu Fehlern kommen kann, ist eine professionelle Beratung zu empfehlen. - Trinet
Funktionsweise: Über Pheromone werden Borkenkäfer auf ein mit Pflanzenschutzmitteln beschichtetes Netz gelockt und dort abgetötet. Mehrere dieser Netze werden in einem Abstand von 25 bis 30 m am Bestandesrand errichtet. Der Mindestabstand zum gesunden Bestand muss 6 m betragen, damit durch das Trinet kein Befall des gesunden Bestandes eingeleitet wird.
Voraussetzung für ein Gelingen der Maßnahmen ist eine genaue zeitliche Abstimmung im Hinblick auf die Schwärmaktivität. Über die Schwärmaktivität informiert das Borkenkäfermonitoring von Wald und Holz NRW. Der richtige Zeitpunkt für die beschriebenen Maßnahmen wird in Info-Meldungen mitgeteilt (Registrierung: info@forstschutz.nrw.de). Voraussetzung für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist der Nachweis der Sachkunde im Pflanzenschutz.
Im Frühjahr, Sommer und Herbst während dem Schwärmen der Käfer
Grundlage einer erfolgreichen Borkenkäferbekämpfung ist die gründliche und regelmäßige Kontrolle aller Bestände während der gesamten Vegetationsperiode bzw. während die Käfer ausschwärmen. In der Regel schwärmen Buchdrucker ab einer Temperatur von 16,5 °C. Wald und Holz NRW erfasst den Flug der Käfer an 60 Standorten im Land im Rahmen des Borkenkäfermonitorings und veröffentlicht die Ergebnisse fortlaufend, aufbereitet in Karten und Grafiken (Siehe Tab "Beobachten").
Während der Schwärmzeiten können zum Abwenden von Schäden folgende Maßnahmen ergriffen werden (Übersicht):
- Kontrolle auf Befall (1)
Grundsätzlich müssen alle Fichtenbestände während der gesamten Vegetationsperiode vollständig und regelmäßig (mindestens im Wochenturnus) auf einen Befall durch Borkenkäfer hin kontrolliert werden. Befallene Bäume müssen zur Entnahme markiert werden. Besonders gefährdet sind Flächen mit Vorjahresbefall, südlich exponierte Lagen und Kuppenlagen, aufgerissene Bestandesränder sowie das Umfeld von Sturmwürfen und Sturmbrüchen.
Der Befall zeigt sich an braunem Bohrmehl am Stamm, Stammfuß oder auf Spinnweben, Einbohrlöchern, Harztrichtern, Rotfärbung der Nadeln, Spechtabschlägen, rieselnden grünen Nadeln (vor allem im Spätsommer und Herbst) und grünem Nadelteppich auf dem Waldboden.
Für Bilder und weitere Erläuterung siehe Tab "Erkennen" (2).
- Einschlag von befallenen Fichten (3)
Von Käfern befallene Bäume müssen gefällt ("eingeschlagen") werden. Erfolgt der Einschlag mit Harvester, wird durch den Druck der Vorschubwalzen bereits ein Teil abgetötet. Diese Art der Aufarbeitung ist daher aus Sicht der Borkenkäferbekämpfung vorzuziehen.
- Unmittelbare Abfuhr (4a)
Dies ist die kostengünstigste, einfachste und ökologischste Bekämpfungsmaßnahme. Ist eine unmittelbare Abfuhr nicht gesichert, müssen alternative Maßnahmen ergriffen werden.
- Entrindung (5a)
Kann das Holz nicht abgefahren werden, sollte die Rinde von den Stämmen gelöst werden. Die Entrindung kann maschinell mit einer speziellen Entrindungsmaschine und mit einem Entrindungsaggregat am Harvester erfolgen. Per Hand kann man den Käfern bzw. der Rinde mit Schäl- oder Loheisen zu Leibe rücken. Befinden sich unter der Rinde nur Eier, Larven und Puppen kann diese im Bestand verbleiben. Befinden sich in der Rinde bereits Jungkäfer muss die Rinde zu Haufen aufgeschichtet und mit Folie abgedeckt werden. Die Käfer sterben durch die Hitzeentwicklung unter der Folie ab. Eine weitere Möglichkeit ist das kontrollierte Verbrennen der Rinde. Das Verbrennen ist genehmigungspflichtig und darf nur ausgeführt werden, wenn keine Waldbrandgefahr besteht.
Das entrindete Holz kann - je nach Möglichkeit - im Bestand oder auf anderen Flächen (z.B. am Waldweg) gelagert werden.
- Resthölzer (4c-1, -2, -3)
Bei jeder Holzerntemaßnahme fällt Holz an, das aus unterschiedlichen Gründen nicht stofflich verwertet werden kann. Äste ab 3 cm Durchmesser können aber noch von Borkenkäfern besetzt sein oder als Brutraum genutzt werden. Deshalb muss auch das nicht verwertbare Holz, also Kronenrestholz und rotfaule Erdstammstücke für die Brut untauglich gemacht werden.
Dies kann durch Häckseln und anschließende Verbrennung in Heizkraftwerken erfolgen. Ist eine thermische Verwertung nicht möglich muss das Häckselgut aufgehäuft und mit dunkler Folie überdeckt werden, damit die darin befindlichen Käfer und weißen Stadien absterben. Mulchen ist nur dann zu empfehlen, wenn keine Bäume auf der Fläche verbleiben und eine Bodenverdichtung ausgeschlossen ist. In FSC-zertifizierten Betrieben ist flächiges Befahren zum Zwecke der Mulchung nicht erlaubt. Eine weitere Möglichkeit ist das kontrollierte Verbrennen. Das Verbrennen ist genehmigungspflichtig und darf nur ausgeführt werden, wenn keine Waldbrandgefahr besteht.
- Lagerung mindestens 500 m vom Waldrand entfernt (5b-1)
Durch Lagerung des Holzes in mindestens 500 m Entfernung zum nächsten Nadelholzbestand gilt ein Befall ausgehend vom gelagerten Holz als unwahrscheinlich.
- Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (5b-4)
Pflanzenschutzmittel dürfen schon qua Gesetz erst nach Ausschöpfen aller mechanisch-biologischer Methoden als Ultima ratio zum Einsatz kommen (siehe Übersicht). Voraussetzung für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist der Nachweis der Sachkunde im Pflanzenschutz. Bei der Anwendung sind die Auflagen und Anwendungsbestimmungen zu beachten sowie eventuelle Vorgaben aus Zertifikaten für die Waldbewirtschaftung. Nicht zuletzt sind für die eventuelle Anwendung in Schutzgebieten immer auch die Schutzgebiets-eigenen Rechtsvorschriften zu beachten.
Sinnvoll ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gegen rindenbrütende Borkenkäfer insbesondere als Vor-Ausflug-Behandlung von befallenem Holz (siehe Besondere Maßnahmen in Kalamitätssituation vor Schwärmbeginn). Pflanzenschutzmittel können außerdem zur Verhinderung des Befalls von holzbrütenden Käfern wie dem Gestreiften Nutzholzborkenkäfer ("Lineatus") oder dem Fichtenbock eingesetzt werden.
Zum Einsatz dürfen selbstverständlich ausschließlich eigens zugelassene Mittel kommen (siehe Übersicht zugelassene Pflanzenschutzmittel, Befallenes liegendes Holz wird bei dieser Methode mit Pflanzenschutzmitteln besprüht (Merkblatt Spritzapplikation) oder mit einem feinmaschigen Netz, abgedeckt, welches mit Pflanzenschutzmittel (Merkblatt Storanet) versetzt ist. Bei Kontakt oder Fraß sterben die Käfer ab.
Im Sonderfall Sturm
Ein häufiger Ausgangspunkt von Borkenkäferkalamitäten sind Sturmereignisse. Das geworfene oder gebrochene Holz bietet einen idealen Brutraum für Buchdrucker und Kupferstecher. Im Frühjahr kann es außerdem zu einem Befall durch den gestreiften Nutzholzborkenkäfer ("Lineatus") kommen.
Im Hinblick auf die Gefährdung durch Borkenkäfer lassen sich Aufarbeitungsprioritäten ableiten. Darum ist es besonders wichtig, Sturmschäden mit der richtigen Aufarbeitungsstrategie zu begegnen.
Die Aufarbeitung von Sturmholz muss im Rahmen einer Priorisierung geordnet werden, um eine sinnvolle zeitliche Reihenfolge zu bilden. Für jede Fläche werden die Maßnahmenoptionen 1 bis 6 geprüft. Jeder Option wird dann eine Dringlichkeitseinstufung von A bis D zugewiesen. Diejenigen Flächen mit mehr A Markierungen erhalten die höhere Aufarbeitungspriorität.
- Nadelholz vor Laubholz Nadelholzflächen mit = "A"; wertvolles Buchenlaubholzes = "A" oder "B"; Eichen = "C" oder" D"
- Kleinflächen vor Großflächen (siehe Anlage 2)
- Bruchholz vor Wurfholz (siehe Anlage 3)
- Hangabwärts geworfene vor hangaufwärts geworfenen Bäumen
- Lebendkonservierbare Fichten später
- Warme Lagen vor kälteren Lagen (Südhänge und Tallagen vor Nordhängen und Hochlagen)
Für das aufgearbeitete Sturmholz sind ggf. die jahreszeitlich gebotenen Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Eine weitere Option bildet die Lagerung in Trocken- oder Nasslagern. Nasslager sind nur für Käfer-freies Holz sinnvoll. Denn durch die Fraßgänge kann die Feuchtigkeit in den Stamm eindringen und zu Verfärbungen und damit zu einer Entwertung führen. Auch die Trockenlagerung ist mit Risiken behaftet.
Weitere Informationen zum Umgang mit Sturmschäden finden Sie hier.
Podcast zur Borkenkäfer-Broschüre
Pressekontakt
Der Wald kann seine positive Wirkung für Klimaschutz, Luftreinhaltung, Erholung, Rohstoffgewinnung, Wasserspeicherung und Biodiversitätsschutz am besten erfüllen, wenn er gesund und vital ist.
Massenhafter Borkenkäfer-Befall und falsche Baumartenwahl gefährden dies. Daher gilt es neben dem Bekämpfen von Akut-Befall in Forst und Wald vorzubeugen
- durch "Saubere Waldwirtschaft" sowie zuvorderst
- durch Naturnahe Waldwirtschaft.
Saubere Waldwirtschaft
Unter sauberer Waldwirtschaft werden verschiedene Maßnahmen zusammengefasst, die zum Ziel haben, das Brutraumangebot für Borkenkäfer während der Flugzeit generell zu minimieren. Damit können Borkenkäferkalamitäten effektiv verhindert werden. Hierzu gehören organisatorische Maßnahmen sowie mechanisch-technische Bekämpfungsmethoden.
Organisatorische Maßnahmen:
- Nadelholzeinschlag im Herbst und frühen Winter
Hier ist das Risiko einer Abfuhr nach Schwärmbeginn geringer. Außerdem ist Kronenrestholz - witterungsabhängig - zur Schwärmzeit ggf. nicht mehr bruttauglich. - Sicherstellung einer rechtzeitigen Holzabfuhr, d.h.:
a) Holzabfuhr von im Winterhalbjahr eingeschlagenen Holz vor Schwärmbeginn,
b) Holzabfuhr von befallenem Holz vor Ausflug der Käfer. Dies gilt sowohl für im Winterhalbjahr als auch für im Sommer eingeschlagenes Holz.
Mechanisch-technische Maßnahmen:
- Entrindung, wenn eine rechtzeitige Abfuhr nicht gewährleistet ist.
- Häckseln von Kronenrestholz, zur Verhinderung das fängisches Material im Bestand verbleibt.
Naturnahe Waldwirtschaft
Die wichtigste Art der Vorbeugung ist eine naturnahe und den natürlichen Bedingungen angepasste Waldwirtschaft.
"Naturnah" bedeutet vor allem, dass natürliche Prozesse bei der Bewirtschaftung berücksichtigt und nutzbar gemacht werden. Hierzu gehört eine Baumartenwahl die sich an den natürlichen Gegebenheiten vor Ort orientiert. Das schließt im Hinblick auf den Klimawandel die Berücksichtigung ursprünglich nicht in Mitteleuropa heimischer Baumarten nicht aus!
"Naturnah" bedeutet auch den Verzicht auf Kahlschläge und die Nutzung der natürlich angesamten jungen Bäume. Ein weiterer Aspekt ist die Förderung der biologischen Vielfalt beispielsweise durch das Belassen absterbender und abgestorbener Bäume im Wald. Natürliche Gegenspieler der Borkenkäfer wie Spechte werden so gefördert und Borkenkäfer selbst finden schlechtere Verbreitungsmöglichkeiten als in gleichaltrigen Monokulturen. Mittel- bis langfristig entwickeln sich so struktur- und artenreiche Mischwälder.
Diese Art der Bewirtschaftung hat mehrere Vorteile. Sie ist kostengünstiger, da weniger Aufwand für Pflanzungen und Pflege betrieben werden muss. Naturnahe Wälder sind zudem widerstandsfähiger gegenüber Windwurf, Witterungsextremen und Insekten, was ebenfalls Kosten spart. Nicht zuletzt habe naturnahe Wälder in der Regel auch einen höheren ökologischen Wert, da sie Nischen für viele Pflanzen- und Tierarten bieten.
Die Wahl "standortgerechter", also den natürlichen Gegebenheiten vor Ort angepasster, Baumarten ist ein wichtiger Aspekt naturnaher Waldwirtschaft. Jede Baumart hat unterschiedliche Ansprüche an die Umweltbedingungen an ihrem Wuchsort. Wichtige Faktoren sind die Niederschlagsmenge, die Temperatur, die Nährstoffversorgung sowie die Bodenart. Stimmen Ansprüche und Standortbedingungen nicht überein sind sie anfälliger gegenüber Witterungsextremen und Schädlingsbefall.
Die Fichte ist eine Baumart der feucht-kühlen Mittelgebirgslagen mit hohen Niederschlägen und niedrigen Jahresdurchschnittstemperaturen. Insbesondere auch nach dem zweiten Weltkrieg wurden großflächig vorhandene Kahlflächen (aus Not- und Reparationshieben) mit Fichten aufgepflanzt. Fichten waren damals das einzige in großen Mengen zur Verfügung stehende Pflanzgut. Sie waren als schnell wachsende Bäume auch die erste Wahl, um dem Holzmangel zu begegnen. Die Themen Klimawandel und Biodiversität, die die reinen Fichtenbestände heute in einem negativen Licht erscheinen lassen, waren damals noch nicht bekannt.
So hat sie heute insbesondere in tiefergelegenen wärmeren Lagen mit geringeren Niederschlagsmengen oder auch auf ungeeigneten Böden auf Flächen auf denen sie nicht standortgerecht ist schwer zu kämpfen. Diese Problematik verschärft sich im Klimawandel, der höhere Temperaturen, eine Häufung von Witterungsextremen sowie einen Rückgang der Niederschlagsmengen zur Folge hat noch weiter.
Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen hat das Umweltministerium mit Wald und Holz NRW, Waldbesitzenden und Naturschutzverbänden ein neues, umfassendes Waldbau-Konzept entwickelt. Darin ist beschrieben, wo welche Baumarten in welcher Mischung am besten gedeihen.