Skip to main content
Förderung für
den Waldbesitz

 

13.07.2020

Der Küstenmammutbaum

Ein echter Hüne

Mit knapp 116 Metern (m) gilt der Hyperion im Redwood-Nationalpark (USA) als höchster lebender Baum unseres Planeten. Er ist etwa 1.260 Jahre alt, am Stammfuß 4,6 m dick und überschattet mit einem Kronendurchmesser von 91 m ein ganzes Fußballfeld. Sein mächtiger Stamm fasst mehr Holz als so mancher hiebsreifer Fichtenbestand. Bei diesem Brummer handelt es sich um einen Küstenmammutbaum (Sequoia sempervirens).

Da im alltäglichen Sprachgebrauch oft nur vom Mammutbaum die Rede ist, muss beachtet  werden, dass es in der Unterfamilie der Mammutbäume drei verschiedene Arten gibt: den Küstenmammutbaum, den für seine massigen Stämme berühmten Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) aus der Sierra Nevada (USA) und den mysteriösen Urweltmammutbaum (Metasequoia glyptostroboides) aus China, welcher vor seiner Entdeckung im Jahre 1941 lediglich aus Fossilfunden bekannt war.

Alle drei Arten sind als Park- und Waldbäume in Deutschland anzutreffen und sehen, nicht zuletzt wegen ihrer rotbraunen, weichen Streifenborke, auf den ersten Blick gleich aus. Sie lassen sich jedoch anhand ihrer Blätter unterscheiden: Während die des Riesenmammutbaums ausschließlich als spitzer, spiralig angeordneter Schuppentyp vorkommen und eng an die Triebe anliegen (Abb. 1), sehen jene des Urweltmammutbaums aus wie Eibennadeln und werden im Winter abgeworfen. Der Küstenmammutbaum nimmt eine Zwischenstellung ein. Im unteren, schattigen Teil der Krone sind die Blätter nadelförmig und lang, in der stark besonnten Kronenspitze hingegen schuppig und kurz. 

Küsten- wie auch Riesenmammutbaum stammen aus Kalifornien, wobei das natürliche Verbreitungsgebiet des Küstenmammutbaums deutlich größer ist und sich entlang der Pazifikküste in einem 750 Kilometer langen Streifen bis nach Oregon erstreckt.

Diese beeindruckenden Waldbäume waren bis zur letzten Eiszeit auch in Europa heimisch. Im Jahre 1840 gelangte wieder erstes Saatgut in die Alte Welt. Aufgrund der relativ geringen Frosthärte des Küstenmammutbaums sind jedoch nur noch wenige der ersten Anbauten in Deutschland erhalten, so etwa auf der Insel Mainau, im Exotenwald Weinheim oder in Freiburg-Günterstal. Seit den Selektionsversuchen des Ehepaars Martin aus Kaldenkirchen in den 1950ern sind auch frosthärtere, für Mitteleuropa geeignete Sorten verfügbar. Im Arboretum Burgholz (Abb. 2) lässt sich deren erstaunliche Wuchsleistung bewundern. Einer Umfrage des Projekts Mammutbaum e.V. aus Bochum zufolge gibt es in Deutschland 387 Küstenmammutbaum-Standorte, wovon 157 auf NRW entfallen. Für das Bergische Land wurden 19 Standorte gemeldet, unter anderem im Arboretum Burgholz sowie in der Hardtanlage und bei Öters in Wuppertal.

Für den Riesen von der Pazifikküste ist ein mildes Klima mit hohen Niederschlägen in Kombination mit frischen, mäßig nährstoffversorgten Böden optimal. Diese Bedingungen findet er in NRW am ehesten in unserem Bergischen Land. Je wärmer es im Klimawandel wird, desto besser für ihn. Auch mit vorübergehenden Trockenperioden kann er gut umgehen. Und noch ein weiteres, nach den jüngsten Waldbranderfahrungen durchaus ernst zu nehmendes Argument spricht für den Küstenmammutbaum: Er ist ein Pyrophyt; also eine Pflanze, die an Feuereinwirkung angepasst ist. Junge Bäume treiben nach Brandschäden schnell wieder aus, alte Bäume sind aufgrund der dicken Borke unempfindlich und die Zapfen benötigen die Hitze einer Feuersbrunst regelrecht, um sich öffnen zu können.

Forstbaumschulen nutzen sein für eine Konifere ungewöhnlich hohes Stockausschlagvermögen für die vegetative Vermehrung über Stecklinge. Da aufgrund der steigenden Nachfrage derzeit selbst die Großpflanzen knapp sind und Anbieter teils horrende Preise verlangen, sollten interessierte Waldbesitzer besser abwarten, bis sich der Markt wieder beruhigt hat. Vermutlich werden in diesem Jahr die Böden ohnehin noch zu trocken sein für eine vielversprechende Ausbringung von Küstenmammutbäumen. Da die Art von hoher Luftfeuchte profitiert und in der Jugend nicht viel Licht benötigt, bieten sich generell Pflanzungen an den Unterhängen von Bachtälern an (Abb. 3). Stauwassergeprägte Böden sollten dabei vermieden werden.

Waldbaulich scheint diese immergrüne Schattbaumart, deren Lichtanspruch erst im Alter zunimmt, recht umgänglich zu sein. Sie gilt als pilzresistent und ist bisher lediglich durch vereinzelte Nassschneebrüche geschädigt worden. Reinbestände sind sehr strukturreich. Mischungen mit Lichtbaumarten sollten aufgrund der Konkurrenzstärke und Wuchshöhe des Mammutbaums nicht oder nur gruppenweise geplant werden. In Mischung mit Rotbuche (Abb. 4) und Weißtanne braucht der Küstenmammutbaum Platz. Die hohen Kronenprozente von in der Regel über 65 Prozent sowie Höhe/Durchmesser-Verhältnisse von um die 0,6 zeugen von einer robusten Einzelbaumstabilität. Die natürliche Astreinigung ist schwach ausgeprägt; daher sollte zur Erzeugung sägefähigen Holzes unbedingt eine Wertästung vorgenommen werden. Des Weiteren reagiert er bei Stammbelichtung mit der Bildung von kleinen Trieben (Wasserreiser) und ist deshalb nur behutsam freizustellen.

Der Küstenmammutbaum erscheint vielen Förstern und Waldbesitzern noch zu exotisch. Waldbauliche Erfahrungen sind daher in Deutschland nach wie vor rar. Die bisherigen Erkenntnisse, wie beispielsweise in Burgholz gemessene Zuwachsleistungen, die über jenen der Douglasie liegen, sind jedoch sehr vielversprechend.
Das Holz, im Handel unter der Bezeichnung „Redwood“ geführt, zählt zu den wertvollsten auf dem Weltmarkt. Man findet immer einen Abnehmer (Abb. 5), nicht zuletzt auch wegen der rückläufigen Bestände in den USA. Es ist harzfrei, geruchsneutral, leicht zu bearbeiten, gut zu spalten, schwer entflammbar und sehr dauerhaft. Seine Rohdichte von etwa 0,45 g/cm3 ist zwischen den Werten von Fichte und Douglasie einzuordnen. Es lässt sich als Furnierholz, im Möbelbau, im Wasserbau oder auch für Musikinstrumente nutzen. Zudem liegt eine Verwendung der Rinde für Mulch oder als Isoliermaterial nahe.

Fazit: Der Küstenmammutbaum produziert viel hochwertiges Holz in kurzer Zeit, sieht gut aus und ist bezüglich seiner Standortansprüche für weite Teile des Bergischen Landes geeignet. Wer zu den Pionieren unter den Waldbauern gehören möchte, sollte die Chance zur Pflanzung nutzen, sobald sich die Pflanzenpreise normalisiert haben und unsere Böden wieder eine gesunde Feuchtigkeit aufweisen. Bis dahin wünschen wir Ihnen viel Freude beim Besuch der Küstenmammutbaumbestände im Arboretum Burgholz.

Autor: Alexander Gießler
 


» Seite drucken