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Förderung für
den Waldbesitz

11. Arnsberger Waldforum: Wald der Zukunft

18.11.20Pressemitteilung

Die Rolle der Pionierbaumarten im bewirtschafteten Wald wird sich wahrscheinlich in Zeiten von großflächigen Waldschäden durch die Folgen des Klimawandels vielerorts grundlegend ändern. Ehemals als „forstliches Unkraut“ wenig beachtete Baumarten wie Birke und Vogelbeere, rücken in den Fokus und können künftig bei der Wiederbewaldung entscheidende Funktionen erfüllen.

Andreas Wiebe, Leiter von Wald und Holz NRW: „Wir erleben gerade eine Zeitenwende im Wald. Der Klimawandel wird unsere Wälder dauerhaft verändern. Viele Leistungen der Wälder, wie Erholungsraum, Naturschutz, Luft- und Wasserfilter werden künftig nicht mehr aus den Erlösen des Holzverkaufs finanziert werden können. Die Rettung und die Erhaltung unserer Wälder sind Aufgaben der ganzen Gesellschaft, weil wir Alle von den Leistungen der Wälder profitieren. Mit dem Arnsberger Waldforum leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Weichen für den Wald der Zukunft richtig zu stellen.“

Als Folge des Klimawandels haben Stürme, Dürre und die massenhafte Vermehrung von Borkenkäfern vielerorts, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, abgestorbene oder verwüstete Waldflächen hinterlassen. Es sind teilweise viele Hektar große Freiflächen entstanden, die möglichst schnell, vor allem aber zielgerichtet wiederbewaldet werden müssen. Hier findet eine Wiederbewaldung auch als natürlicher Prozess statt. Unter bestimmten Umständen wachsen hier sogenannte Pionierbaumarten wie Birke, Vogelbeere, Aspe (Pappel), Erle oder Weide. Dieser Wald aus Pionierbaumarten, der Vorwald, bildet eine wenige Jahrzehnte dauernde Übergangssituation zu den Wäldern aus Buche, Tanne und Eiche, die über viele Jahrhunderte stabile Waldgesellschaften bilden.

Auf die Kräfte der Natur setzen und die Vorwälder nutzen und fördern oder ist es sinnvoller die abgestorbenen Waldflächen zu räumen und gezielt die Bäume zu pflanzen, die später genutzt werden? Welche ökologischen und ökonomischen Folgen ergeben sich, wenn Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer auf Pionierbäume setzen? Um diese Fragen ging es auf dem 11. Arnsberger Waldforum.

Die Veranstaltung aufgrund der akuten Pandemiesituation abzusagen, war keine Option. Die gewaltige Aufgabe der Wiederbewaldung kann nicht warten. Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer müssen jetzt Entscheidungen für die Wälder der Zukunft treffen. Daher wurde die Veranstaltung in diesem Jahr erstmals in einem Onlineformat durchgeführt. Referentinnen und Referenten, die pandemiebedingt nicht nach Arnsberg reisen durften, wurden zum Videostream zugeschaltet. Die Tagung fand in drei Themenblöcken statt. Insgesamt verfolgten rund 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Vorträge und Diskussionen live. Über eine Chatfunktion konnten direkte Nachfragen und Dikussionsbeiträge eingegeben werden. Über 3000 Interessierte haben sich die Tagung bisher in der Mediathek angeschaut.

Schon in seinem Grußwort stellte Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner klar, dass die Folgen des Klimawandels die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer vor nie dagewesene Herausforderungen stellen, die die Menschen in den waldreichen Regionen des Landes noch Jahrzehnte beschäftigen werden. Dr. Bertram Leder, Leiter des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft, betonte, dass die sogenannten Pionierbaumarten, in Fachkreisen auch als „Anderes Laubholz mit niedrigerer Produktionszeit“ (ALN) bezeichnet, in Nordrhein-Westfalen bereits auf 15 % der Waldfläche und damit auf rund 140.000 Hektar vorkommen. Dr. Bertram Leder: „Die Folgen des Klimawandels im Wald bieten den Pionierbaumarten Raum, um ihre Stärken unter Beweis zu stellen. Dazu zählt ihr großes Potential, sich schnell und natürlich zu verjüngen und ihre ausgeprägte Standorttoleranz und Anpassungsfähigkeit gegenüber Hitze, Trockenheit und Spätfrost.“

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Pionierbaumarten lieferte Dr. Katharina Tiebel aus ihrer diesjährig abgeschlossenen Doktorarbeit an der Technischen Universität Dresden.

Die meisten Erfahrungen zur waldbaulichen Behandlung gibt es für die Baumart Birke. Praxisorientierete Fachinformationen lieferte dazu Norbert Tennhoff vom Team Waldbau, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft.

Einen Blick über den Tellerrand warf Dr. Mirko Liesebach, Thünen-Institut für Forstgenetik, mit seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Anbau von nicht-heimischen Birkenarten im Klimawandel.

Die live zuhörenden und zuschauenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Veranstaltung nutzten von Anfang an immer wieder die Chatfunktion für Anregungen, aber vor allem für kritische Nachfragen. Sie wurden jeweils am Ende des Themenblocks vom Moderator Michael Blaschke, Wald und Holz NRW, an die Referenten vor Ort gestellt.

Zum zweiten Themenblock begrüßte Andreas Wiebe, Leiter Wald und Holz NRW, alle Teilnehmenden. Entschieden wandte sich Wiebe dagegen, den Wald nur in seiner Opferrolle zu betrachten. „Wälder sind auch entscheidende Problemlöser bei der alternativlosen Dekarbonisierung unseres Wirtschaftssystems. Holz hat dabei als wertvoller nachwachsender Rohstoff eine Schlüsselrolle.“ Die Expertinnen und Experten lieferten Informationen zu Bedeutung und Nutzen von Vorwäldern. Ein Vorwald kann ein effektiver Wegbereiter für die Entwicklung eines langfristig klimastabilen Mischwaldes sein und gleichzeitig die umfassenden Funktionen des Waldes schnell und kostengünstig wiederherstellen.

Im dritten Themenblock warf Dr. Britta Linnemann, NABU-Naturschutzstation Münsterland, eine Blick auf die ökologische Bedeutung der Pionierbaumarten. Sie stellte die Weide als einen Hotspot der Artenvielfalt dar, der nur von der Eiche übertroffen wird. Aus dem Zentrum für Wald und Holzwirtschaft informierten Dr. Stefanie Wieland und Martin Schwarz zum aktuellen Stand rund um die stoffliche und energetische Nutzung des Holzes der Pionierbäume, die viele Jahre zu Unrecht als „Försterunkraut“ verachtet wurden.

Die Exkursion am normalerweise geplanten zweiten Tagungstag musste pandemiebedingt leider ausfallen.

Alle aufgezeichneten Vorträge bleiben online unter www.arnsbergerwaldforum.de verfügbar. Nachfragen können auch weiterhin an presse@wald-und-holz.nrw.de gestellt werden.

Die Onlinevariante vom Arnsberger Waldforum bietet auch einige Vorteile. Zum Beispiel können so deutlich mehr Personen – auch aus weit entfernten Regionen – an der Veranstaltung teilnehmen. Für das nächste Arnsberger Waldforum wird bereits die Idee einer „Hybrid-Veranstaltung“ ins Auge gefasst.


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